Am 7. Dezember erscheint zum letzten Mal die "Financial Times Deutschland". Zusammen mit den Nachrufen auf die "Frankfurter Rundschau" wird die Krise des Journalismus ausgerufen - auch in Österreich. Die Bandbreite der Beschreibungen reicht von einer Sinnkrise bis zur Todeserklärung von Printmedien.

Es ist schade, dass die beiden Zeitungen eingestellt werden. Dies führt zu einer Reduktion der Medienvielfalt in Deutschland, wo es noch immer 345 Tageszeitungen gibt - in Österreich lediglich 18. Es ist aber nicht ungewöhnlich, dass Zeitungen, an denen Parteien beteiligt sind (wie die SPD bei der "Frankfurter Rundschau"), eingestellt werden. In Österreich gab es seit 1945 mehr als zwei Dutzend Parteizeitungen - von der "Arbeiterzeitung" bis zur "Südost-Tagespost", jetzt nur noch das "Volksblatt". Die auf Wirtschaftsthemen fokussierte "Financial Times Deutschland" wurde 2000 gegründet - als die Börsen von einem Höhepunkt zum nächsten eilten. Dann kam die Dot-Com-Krise, 9/11, Lehman-Brothers und die Digitalisierung. Die "Financial Times Deutschland" hat bisher 250 Millionen Euro Verluste angehäuft.

Es ist keine Überraschung, dass die Krisenerscheinungen und die Auswirkungen der Globalisierung den Medienbereich nicht aussparen. Der wirtschaftliche Druck hat sich in den vergangenen Monaten verschärft. Im Unterschied zu anderen Firmen stellen Medienunternehmen aber Produkte her, die für die Demokratie unverzichtbar sind. Auf diesen "Mehrwert" für die Gesellschaft weist der jüngst veröffentlichte Public-value-Bericht des Verbandes Österreichischer Zeitungen zu Recht hin.

Medien haben eine Wächterfunktion, die häufig mit dem Begriff "Vierte Gewalt" beschrieben wird. Diese Aufgabe ist in einem Land wie Österreich umso wichtiger, in dem die Gewaltentrennung nicht den Stellenwert hat, den sie in einer entwickelten Demokratie haben sollte, und wo die Verhaberung regiert. Wie wichtig Aufdeckungs- und Aufklärungsarbeit ist, zeigen die Korruptionsfälle, die immer häufiger den Weg von Zeitungsspalten in die Gerichtssäle finden.

Qualitätsjournalismus setzt die Trennung von Anzeige und Redaktion voraus, die redaktionelle Unabhängigkeit im Handeln und Denken einer Redaktion, aber auch gut ausgebildete Journalisten, die Fakten und Aussagen bewerten können. Ökonomische Solidität ist eine weitere Voraussetzung, denn guter Journalismus kostet Geld.

Der Strukturwandel in den Medien führt dazu, dass Erlösmodelle nicht mehr wie bisher funktionieren. Zugewinne im Onlinebereich kompensieren Verluste im Printbereich nicht. Deshalb müssen sich Medienunternehmen wie andere Wirtschaftsbetriebe auch neue Einnahmemöglichkeiten überlegen. Das kann dazu führen, dass Leserinnen und Leser mehr zum Erhalt der Zeitung beitragen müssen. Auch das gratis Zur-Verfügung-Stellen aller Online-Inhalte steht auf dem Prüfstand. Ebenso müssen Urheberrechtsfragen neu diskutiert werden. Alle Medienunternehmen suchen nach Antworten und praktikablen Lösungen, das eine richtige Modell ist noch nicht gefunden.

Es geht aber auch um die Frage, was eine Gesellschaft bereit ist, für qualifizierte Informationsleistungen zu zahlen. Und es geht nicht "um die Subvention einer schwächelnden Branche, sondern eine Investition in die Infrastruktur der Demokratie", wie es der Medienwissenschafter Matthias Karmasin treffend formuliert hat. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, 7./8./9.12.2012)