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Dieser Krokus hat sich auch dem Schnee beugen müssen. Wer seinen Garten im Frühjahr wiederbeleben möchte, muss rechtzeitig zur Schere greifen.

Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Endlich Dezember! Kaum ein anderer Monat zwischen November und Jänner hat so viel zu bieten wie der Dezember. Gehen Sie durch den Garten. Genießen Sie das Schmatzen der nassen Beete unter Ihren Füßen, spüren Sie das leichte Einsinken im Rasen und erfreuen Sie sich an den Pflanzenresten. Wo einst Beseeltes war, steht nun ein trauriger Korpus im kalten Wind.

Der Dezember hat viel zu bieten, halten Sie sich die Wochenenden für Gartenarbeit frei. Sie haben ein Gräserbeet? Ja großartig! Schnappen Sie sich Bast oder Draht und binden Sie die Gräser zu lustigen Büscheln zusammen, das macht Freude! Endlich wieder Kopf unten und Po oben. Räumen Sie ein wenig das Laub zur Seite. Sie werden sich wundern. Denn darunter treibt der Kerbel ein frischgrünes Leben. Kosten Sie auch vom frischen Majoran. Als ob er auf andauernde Kälte und Feuchte gewartet hätte. Eventuell wird Dezembermajoran bald als Spezialität auf saisonal ausgerichteten Speisekarten aufscheinen.

Lasch und letschat

Selbst der zärtlich filigran wirkende Fenchel hat neu ausgetrieben und verströmt die Süße seiner Blätter - wenn zerbissen. Die größte Freude aber bereiten die Funkien. Lasch liegen die letscherten Blätter rosettenartig auf dem Boden, bereit, sich Schneck und Assel hinzugeben. Das Farbenspiel des Verrottungsprozesses am noch lebenden, subterrestrischen Körper ist einmalig. Von bizarrer Schönheit sind auch die tiefschwarzen, toten Triebe der Fleißigen Lieschen Impatiens walleriana. In Totenstarre von sich weggestreckt, bar jeder Belaubung, setzen sie ihr Verzücken bis zur totalen Auflösung fort.

Wer sich gar nicht auflöst, sondern kräftig geschnitten werden möchte, ist die Hydrangea, auch Hortensie gerufen. Ob Bauernhortensie Hydrangea macrophylla, oder Ballhortensie Hydrangea arborescens, beide brauchen kritischen Blick, scharfes Messer und beherzte Hand. Die Ballhortensien, aber auch die Rispenhortensien blühen am neuen Holz, also am Holz, das innert einer Saison wächst.

Ratzfatz mit Stufenschnitt

Dafür sorgt man, indem man das alte Holz der ablaufenden Saison kräftig bis bodennahe zurückschneidet. Ratzfatz. Je höher Sie das alte Holz stehen lassen, desto höher wächst auch der Strauch, jedoch auf Kosten der eh schon bedingt vertrauenswürdigen Standfestigkeit der blühenden Triebe. Interessant ist ein abgestufter Schnitt, wo Sie das alte Holz im Gartenhintergrund ein wenig höher stehen lassen als jenes im Vordergrund.

Die Macrophylla-Hortensien sind da ganz anders. Sie blühen am alten Holz. Wer also bei seiner Macrophylla einen Bodennahschnitt durchführt, darf sich nicht wundern, wenn im kommenden Jahr keine Blüten auftauchen. Da wachsen dann erstmals die Triebe, auf denen im Folgejahr heftig geblüht werden kann. Wenn man aber stets das alte Holz der aktuellen Saison stehen lässt, werden die Triebe länger, da sie immer von der äußersten Knospe neu austreiben. Lange Haxen mit wenig Stehkraft sind das Ergebnis. Schön ist das nicht.

Geh ins Licht!

Bei den Macrophyllas muss man daher mit einer gemischten Strategie vorgehen. Lichten Sie den Busch aus, indem Sie manche Triebe bodennahe abschneiden, ein Investment in das zweite Jahr, und kürzen Sie das Holz der aktuellen Saison nur ein wenig ein. Schneiden Sie halt nicht gleich die fettesten Knospen raus. So kann man den Hortensienstrauch in Form und blühend halten.

Mit den abgeschnittenen Blütenständen können Sie gerne biederen Schabernack anstellen. Machen Sie es wie alle anderen auch: Sprayen Sie die Blüten mit Lackspray bunt an und stellen Sie sich diese Eigenkreationen staubfangend in Ihre winterlich geschmückte Wohnung. Aber auch am Komposthaufen machen sie ganz gute Figur - sie, nicht Sie. (Gregor Fauma, Rondo, DER STANDARD, 07.12.2012)