Wien - Wegen der markanten Konjunkturabschwächung in wichtigen Exportmärkten unseres Landes hat die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) die Wachstumsprognose für Österreich deutlich gesenkt. Für 2012 rechnet sie nur noch mit 0,4 Prozent realem Plus, um einen halben Prozentpunkt weniger als noch im Juni. Noch markanter fällt die Abwärtsrevision für kommendes Jahr aus: 2013 soll die Wirtschaft um 0,5 Prozent wachsen, im Sommer waren da noch 1,7 Prozent erwartet worden. Mit einem beschleunigten Wachstum von 1,7 Prozent wird erst für 2014 gerechnet.
Ermahnung zu Budgetdisziplin im Wahljahr 2013
Auch im Wahljahr 2013 sollte Österreich seinen Budget-Konsolidierungskurs fortsetzen, forderte Notenbankchef und EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny. Der mittelfristige Konsolidierungskurs habe sich eindeutig als erfolgreich erwiesen - ohne Schaden für die Konjunktur -, der "muss aber fortgesetzt werden", forderte er. Das gelte auch für 2013, obwohl Wahljahre "immer sehr heikel" seien. Denn Österreich müsse seine starke Stellung auf den Finanzmärkten behalten, was die Staatsrefinanzierung betreffe.
Die Budgetentwicklung sei "ein ganz zentraler Punkt für die österreichische wirtschaftliche Entwicklung - nach innen und nach außen", betonte Nowotny. Denn angesichts der schwachen Wirtschaft bleibe der Schuldenstand, obwohl das Defizit sinke. 2012 werde die Defizitquote bei 3 Prozent erwartet, für 2013 sehe die OeNB einen Rückgang - auf 2,1 Prozent des BIP - voraus; helfen werde dabei der weitere Job-Anstieg, was mehr Steuereinnahmen bringe; gegenläufig würden aber etwa die KESt-Einnahmen durch das niedrige Zinsniveau zurückgehen.
Mit zwei Quartalen eines BIP-Rückgangs im heurigen Jahr - laut OeNB-Unterlagen im 3. und 4. Quartal - befinde sich Österreich "eindeutig in einer Rezessionssituation", sagte Nowotny. Ein generelles neues Konjunkturpaket sei aber dennoch "nicht erforderlich", aber es sollten spezielle Maßnahmen etwa zum Arbeitsmarkt und die Qualifikation Beschäftigter und Nicht-Beschäftigter fortgeführt werden. Für die Jahresmitte 2013 rechnet die OeNB mit einer "moderaten Konjunkturbelebung". Schon ab dem Frühjahr soll es kein negatives Quartal mehr geben, und die BIP-Zuwächse sollten von Vierteljahr zu Vierteljahr leicht zunehmen.
"Die Inflation in Österreich sehen wir 2013 unter 2 Prozent", sagte Nowotny - konkret rechnet die OeNB mit 1,7 Prozent harmonisiertem VPI-Anstieg nach 2,5 Prozent im heurigen Jahr. Die Arbeitslosenquote (gemäß Eurostat) werde von heuer 4,4 auf 4,7 Prozent 2013 und 2014 ansteigen, sie sei aber noch immer die niedrigste der EU, unterstrich Nowotny. Außerdem wachse die Beschäftigtenzahl an. Zudem weise Österreich eine positive Leistungsbilanz in einer respektablen Größe auf, so der OeNB-Gouverneur.
Für den Euroraum meinte Nowotny: "Die wirtschaftliche Entwicklung befindet sich eindeutig in einer Rezessionssituation." Der Tiefpunkt der Konjunktur werde in diesem Quartal erreicht sein. Aufgrund der Erfahrungen der letzten Monate könne er aber nicht ausschließen, dass dieser Punkt wieder nach hinten verschoben werden muss.
Erstmals hat Nowotny die Prognoserevisionen der EZB vorgelegt. Demnach wurde die Wachstumsprognose für 2012 von ursprünglich -0,1 Prozent auf -0,4 Prozent und zuletzt auf -0,5 Prozent reduziert. Für 2013 fielen die Revisionen noch drastischer aus, nämlich von ursprünglich 1,1 Prozent Plus auf 1,0 Prozent, dann 0,5 Prozent und zuletzt auf -0,3 Prozent.
Nowotny pessimistischer als OECD
Das Bild der EZB-Prognose sei zwiespältig. Einerseits gebe es positive Signale am Anleihemarkt, wo die Renditeaufschläge seit Jahresmitte deutlich zurückgegangen seien, andererseits hätten sich die Aktienmärkte sehr gut entwickelt - wenn man dies als vorauseilenden Indikator sehen wolle. Bei der Inflation sehe man eine sinkende Tendenz, eine tendenziell positive Entwicklung.
Problematisch sei die Realwirtschaft. Hinter der Prognosereduktion für 2013 im Euroraum auf -0,3 Prozent stehe im einzelnen ein Minus beim staatlichen Konsum von 0,6 Prozent und von -2,6 Prozent bei den Investitionen - hauptsächlich die öffentlichen Investitionen gingen stark zurück. Gegengewicht seien die Exporte, bei denen ein Plus von 2,6 Prozent erwartet werden. Insgesamt ergebe sich ein "sehr negativer Wert" für den gesamten Euroraum. "Wir sind eindeutig in einer Rezessionssituation", so Nowotny.
Nowotny geht davon aus, dass die letzten Prognosen der OECD für die einzelnen Euroländer noch zu optimistisch sind. Von 15 werden 7 schrumpfen, in größeren Ländern sei ein Stagnation zu erwarten. Viele Staaten werden noch unter dem Vorkrisenniveau von 2007 bleiben. Österreich und Deutschland gehörten unter den Industriestaaten zu den einzigen, die darüber liegen werden. "Insgesamt eine sehr schwierige Situation", attestiert Nowotny. (APA, 7.12.2012)