"Expatriates" heißen sie, die von ihrem Konzern in neue Märkte geschickt werden, um dort das Business zu etablieren, aufzubauen, zu führen. Das geschieht meist mit äußerst großzügigen Paketen, die Grundgehalt, Bonus, Aktienoptionen, Dienstwagen, Dienstwohnung, Versicherungen und Privatschulen enthalten. Meist nicht dabei: ein "Rückkehrticket", also die Garantie, irgendwann nach Auslandserfolg im Heimatland in der Hierarchie aufzurücken. Aber die Aussicht auf einen Karrierensprung ist schon inkludiert.
Der internationale Führungskräfteberater Pedersen & Partners hat sich unter den weltweit 500 größten Unternehmen zu diesem Thema umgehört. Ergebnis: Der Mangel an qualifiziertem lokalem Managementpersonal entpuppt sich nach wie vor als Phänomen in Emerging Markets. 65 Prozent der befragten Personalleiter sehen sich deshalb gezwungen, eine aufwändige Expatriate-Politik zu fahren. Diese kosten durchschnittlich dreimal so viel wie lokale Manager. Je "reifer" die Märkte, desto eher wird an lokale Führung übergeben: In Polen, Tschechien, der Slowakei oder in Ungarn sind die Expatriates demnach weitgehend durch lokale Kräfte ersetzt. In Asien, Afrika und Lateinamerika steigt der Expatriate-Anteil dagegen an; je weiter nach Osten expandiert wird, ebenso.
Unternehmen haben offenbar die Erfahrung gemacht oder glauben, dass die " eigenen Leute" die sicherste (wenngleich teuerste) Karte sind. Zudem ist eine solche Auslandserfahrung in vielen Konzernen noch immer Voraussetzung für den Lift an die Unternehmensspitze. Bedeutet: Auch wenn sonst der Rotstift regiert, bei "Expats" wird praktisch nicht gespart.
Away and up
Wer also karriereorientiert ist und in der Welt der Großkonzerne etwas werden will, hat mit geografischer Mobilität nach wie vor besonders gute Karten. Lokales Management lässt sich eben doch nicht via Skype entwickeln, das Geschäft vor Ort will auch laut Konzernstrategie von Konzernleuten ausgerollt werden. "Es besteht ein klarer Trend, Expatriates aus dem Heimatland des Konzernheadquarters zu entsenden".
Das System der Entsendung an sich wird weniger erfolgskritisch beurteilt als die Fähigkeit der Entsendeten (Improvisation, Anpassungsfähigkeit). " Der Erfolg eines Geschäftsführers im Ausland hat weniger mit seiner Ausbildung und seinen technischen Fähigkeiten zu tun als mit seiner emotionalen Intelligenz", steht in der Auswertung.
Am besten klappt die Zielerreichung der Entsender, wenn es um die Einführung von Konzernstrukturen und Prozessen geht. Die größten Probleme gebe es im Sprachbereich und im Umgang mit Menschen, so die befragten Personalchefs. Expatriates könnten in vielen Fällen nur führen und anleiten, seien aber doch auf die lokalen Mitarbeiter in der Umsetzung angewiesen - in manchen Ländern erweist sich das offenbar als harte Herausforderung. Viele Unternehmen berichten das derzeit aus China, wo augenscheinlich westliche Manager recht steile interkulturelle Lernkurven haben. (Karin Bauer, DER STANDARD, 7./8./9.12.2012)