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Italiens Reformpremier Monti will sich "weder abschießen noch verheizen" lassen. Nächste Woche will er sein Amt niederlegen.

Foto: REUTERS/Stefano Rellandini/Files

In Italien überstürzen sich die politischen Ereignisse. Nachdem Silvio Berlusconi der Regierung von Mario Monti die parlamentarische Unterstützung entzogen hat, kündigte der Premier nach einem Gespräch mit Staatspräsident Giorgio Napolitano seinen Rücktritt an. Er werde sein Amt nach der Verabschiedung des Haushaltsgesetzes niederlegen, so Monti. Mit der Auflösung des Parlaments wird noch im Dezember gerechnet. Die vorgezogenen Neuwahlen könnten bereits im Februar stattfinden.

Berlusconi hatte sich vor wenigen Tagen im Alleingang zum Spitzenkandidaten des Popolo della Libertá (PdL) gekürt. Nach einer mehrstündigen Sitzung des Parteivorstands ohne konkrete Ergebnisse kündigte der Ex-Premier am späten Abend in einer Aussendung seine Bereitschaft an, zum sechsten Mal für das Amt des Regierungschefs zu kandidieren.

Gleichzeitig attackierte er Monti scharf: "Ich kann nicht länger dulden, dass Italien immer tiefer in die Rezession schlittert. Seit meinem Rücktritt vor einem Jahr hat sich die Lage dramatisch verschlechtert. Die Zahl der Arbeitslosen hat sich erhöht, die Bevölkerung leidet unter den hohen Steuern." Er fühle die Pflicht, "sein Land vor dem Abgrund zu retten".

Ein Vorwand, um der Regierung das Vertrauen zu entziehen, war schnell gefunden: eine Äußerung von Wirtschaftsminister Corrado Passera, wonach " eine Rückkehr in die Vergangenheit als negative Entwicklung" zu werten sei, wurde als "unerträgliche Zumutung" gebrandmarkt. Bei zwei Vertrauensabstimmungen über wichtige Gesetze verließen die PdL-Parlamentarier in Kammer und Senat den Sitzungssaal. Parteichef Angelino Alfano erklärte dem erzürnten Staatspräsidenten, der PdL entziehe Monti das Vertrauen, ohne die Verabschiedung einiger wichtiger Gesetze im Parlament zu verhindern.

Nach Berlusconis Ankündigung schnellte der Zinsaufschlag auf Staatspapiere um 20 Punkte in die Höhe, die Mailänder Börse drehte als einzige in Europa ins Minus. Mit Besorgnis blickten am Wochenende Millionen Italiener auf die Börseneröffnung am Montag. Die Ratingagentur Standard and Poor's drohte Italien mit einer Abstufung der Staatsverschuldung.

Kritische Situation

Montis Rücktritt trifft Italien in einer kritischen Situation. Die Rezession liegt bei einem Minus von 2,3 Prozent, der Verbraucherindex bei minus 3,2 Prozent. Die Arbeitslosigkeit ist auf über elf Prozent gestiegen. Monti reagierte zunächst ironisch auf Berlusconis Attacke: " Der Sonnenkönig hat mir seine Gunst entzogen", erklärte der Premier am Rande einer Premierenvorstellung in der Mailänder Scala. Am Samstagabend kündigte er nach zweistündigen Beratungen mit dem Staatspräsidenten seinen "unwiderruflichen Rücktritt" an. Monti kritisierte den fehlenden Mut des PdL, ein Misstrauensvotum gegen seine Regierung einzubringen. Er lasse sich "weder abschießen noch verheizen" und werde nächste Woche unmittelbar nach Genehmigung des Haushaltsgesetzes zurücktreten. Der Premier machte damit Berlusconis Hoffnungen auf einen mehrmonatigen Anti-Monti-Wahlkampf zunichte.

Der Cavaliere muss nun befürchten, dass der Premier nach seinem Rücktritt selbst in den Wahlkampf eingreift und den Zentrumsparteien gestattet, ihn als zukünftigen Premier zu unterstützen. Ferrari-Chef Luca di Montezemolo, dessen neue Bewegung Italia Futura erstmals kandidiert, hatte nur einen Tag vorher bemängelt, dass es schwierig sei, ohne dessen Konsens für eine zukünftige Regierung Monti zu werben.

Der vorgezogene Wahltermin Anfang Februar könnte Berlusconi zusätzlich in Schwierigkeiten bringen, da seine zerrüttete Partei gänzlich unvorbereitet dasteht. (Gerhard Mumelter aus Rom, DER STANDARD, 10.12.2012)