13.300 Schüler erreichen die Bildungsstandards in der achten Schulstufe in Mathematik nicht.

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Oberösterreich führt das Ranking der Bundesländer bei den Bildungsstandards an, Wien ist Schlusslicht.

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35 Prozent der Schüler mit Migrationshintergrund erreichen die Bildungsstandards nicht.

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Wien – In Österreich gibt es im Fach Mathematik in der achten Schulstufe eine hohe Anzahl von Schülern, die den geforderten Lehrstoff nicht beherrschen. Jeder sechste Schüler erreicht hier die Bildungsstandards nicht. Das zeigen die am Dienstag präsentierten Ergebnisse der ersten Bildungsstandard-Tests unter 80.000 Schülern der vierten Klasse AHS und Hauptschule. An den Neuen Mittelschulen wurde zwar auch getestet, die Ergebnisse wurden aber nicht veröffentlicht, da die Fallzahl zu gering ist.

Die Leistungen der Schüler werden bei dem Test in vier "Kompetenzstufen" eingeteilt. 53 Prozent der Schüler erreichten die Standards, fünf Prozent übertrafen die Anforderungen. 26 Prozent erreichten die Standards nur teilweise, 17 Prozent – das sind 13.300 Schüler – verfehlten sie völlig. Im Durchschnitt erreichen die Schüler österreichweit bei den Standardüberprüfungen 535 Punkte.

Durchgeführt hat die Tests das Bundesinstitut für Bildungsforschung (Bifie). Getestet wurden etwa mathematische Handlungen wie Darstellen, Rechnen, Modellbilden und Argumentieren (Beispielaufgaben der Bildungsstandards in Mathematik). "Man muss nicht nur rechnen können, sondern Mathematik auch verstehen", sagte Christian Dorninger, interimistischer Direktor des Bifie am Standort Wien.

Schmied: "Reality Check"

Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) sieht in den Bildungsstandards "so etwas wie einen Realitycheck". Da jede Schule und beinahe jeder Schüler (92 Prozent) getestet werde, "blicken wir bis in das Klassenzimmer", so die Ministerin. Die Schüler hätten sich seit einem Stichprobentest unter 10.000 Schülern im Jahr 2009 deutlich verbessert, sagte Schmied. "Wir können die Ergebnisse aber auch noch weiter steigern."

Die Unterrichtsministerin will als Reaktion auf die Ergebnisse auf Maßnahmen wie Sprachförderung in Kindergarten und Volksschule, eine spezielle Unterstützung von Lehrern an Schulen mit besonders großen Herausforderungen und eine ganztägige Betreuung der Schüler setzen. Dazu kämen die Reform der Polytechnischen Schulen und der Lehrerausbildung. Jene Standorte, die wesentlich besser oder schlechter als erwartbar abgeschnitten haben, sollen besonders überprüft werden und die Schulaufsicht sowie die Pädagogischen Hochschulen bei der Lehrerfortbildung auf Mankos reagieren.

Oberösterreich am besten

Im Bundesländervergleich verzeichnete Oberösterreich die besten Ergebnisse – sowohl bei der absoluten Punktezahl (548) als auch unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen an den Schulen. Das schlechteste Resultat bei der absoluten Punktezahl lieferte Wien (517), unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen schnitt Kärnten am schlechtesten ab.

Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind mit einem Abstand von 31 Punkten zwischen Oberösterreich und Wien allerdings relativ gering. Salzburg (545), Tirol (543) und Niederösterreich (541) kamen über den Österreich-Durchschnitt (535 Punkte). Die Steiermark (534) und das Burgenland (532) liegen in etwa im Schnitt, Vorarlberg (527) etwas darunter. Die niedrigsten Werte weisen Kärnten (522) und Wien (517) auf. Die Standardtestungen umfassten 48 Aufgaben, ein Punkteunterschied von zehn Punkten entspricht in etwa einer gelösten Aufgabe.

Schultypen

Wesentlich größer sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Schulen bzw. den einzelnen Schultypen. Die beste Schule – eine AHS – erreichte einen Mittelwert von knapp 700 Punkten, die schlechteste – eine Hauptschule – liegt bei rund 350 Punkten. Die AHS erreichten im Schnitt 600 Punkte, die Pflichtschulen (Hauptschulen/Neue Mittelschulen) 504 Punkte. Die Werte der Neuen Mittelschulen (NMS) wurden aufgrund der geringen Zahl der getesteten Schulen nicht extra ausgewiesen. "Die NMS der ersten Generation haben sich freiwillig gemeldet und sind auf Österreich ungleich verteilt", erklärte Bifie-Direktor Günter Haider. Eine zuverlässige Analyse der Ergebnisse sei deshalb nicht möglich.

Migrationshintergrund hat großen Einfluss

Großen Einfluss auf die Bildungsstandard-Ergebnisse hat der Migrationshintergrund: Kinder mit Migrationshintergrund kamen auf einen Mittelwert von 480 Punkten, "einheimische" Schüler auf 547. Nur fünf Prozent der Schüler mit Migrationshintergrund schafften es, höhere Leistungen zu erreichen als von den Bildungsstandards verlangt.

Besonders krass ist der Einfluss des Bildungsstandes der Eltern auf die Leistungen ihrer Kinder. Zwölf Prozent der Akademikerkinder erreichten die höchste Kompetenzstufe 3, aber nur ein Prozent der Kinder, deren Eltern höchstens einen Pflichtschulabschluss haben. Umgekehrt verfehlen nur sechs Prozent aller Akademikerkinder die Standards, aber 37 Prozent der Kinder von Eltern mit maximal Pflichtschulabschluss.

Schmied sieht in diesen Ergebnissen den Auftrag, die Barrieren, die der Migrationshintergrund sowie der sozioökonomische Hintergrund der Eltern mitbringen, mit "guter Schulentwicklung zu überwinden". Ihr Ziel sei es, dass alle Schüler und Schülerinnen mindestens Kompetenzstufe 1 erreichen und damit die Bildungsstandards zumindest teilweise erfüllen.

Fairer Vergleich keine "Trickserei"

Um die unterschiedlichen sozialen Rahmenbedingungen an den Schulen auzugleichen, hat das Bifie außerdem einen "fairen Vergleich" erstellt, für den es nicht nur den absoluten Punktewert heranzog. Es wurden auch Faktoren wie die Größe der Gemeinde, die Schulart, der Migrations- und der soziale Hintergrund sowie der Anteil der Mädchen an einer Schule beachtet. So errechnete das Bifie das "erwartbare" Ergebnis einer Schule.

Auf Bundesländerebene erzielte auch hier Oberösterreich den besten Wert. Besser als erwartbar schnitten auch Tirol und (im Pflichtschulbereich) Salzburg ab. Im Rahmen der Erwartungen lagen Wien, Vorarlberg und Niederösterreich, etwas darunter die Steiermark und das Burgenland, stark darunter Kärnten.

Den Vorwurf der "Trickserei" durch den "fairen Vergleich" ließ sich Haider dabei nicht gefallen. Dass die Schulen mitgeteilt bekommen, welches Ergebnis sie erwarten können, sei ein Angebot an die Schulen, sich mit jenen Schulen vergleichen zu können, die in einer ähnlichen Situation seien. (Lisa Aigner, derStandard.at, 11.12.2012)