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Gutes Make-up braucht bekanntlich seine Zeit, aber beim neuen Notifizierungsverfahren in der EU muss sich die Kosmetikindustrie nun mehr beeilen. Im Juli 2013 läuft die letzte Frist aus.

Foto: EPA/Valat

Kosmetikunternehmen haben nur noch ein halbes Jahr Zeit, um die oft strengen Anforderungen der neuen EU-Kosmetikverordnung (EG 1223/2009) zu erfüllen, die den Verbraucherschutz in diesem sensiblen Bereich verbessern soll. Sie gilt für die gesamte Lieferkette. Eigentlich hat die Verordnung die alte Kosmetikrichtlinie (76/768/ EWG) von 1976 bereits Anfang 2010 abgelöst, aber für die wesentlichen Bestimmungen gab es eine Übergangsfrist bis zum 11. 7. 2013 - ein Termin, der sich nun mit Riesenschritten nähert.

Das bedeutet für die Industrie ein gehöriges Stück Arbeit. Vor allem das neue Notifizierungsverfahren ist mühsam und müsste schon längst im Laufen sein, damit die Verpflichtung zum Stichtag tatsächlich erfüllt werden kann. Dem Hörensagen nach sollen aber bisher ganz wenige Kosmetika dem neuen Notifizierungsverfahren unterworfen worden sein, ohne die sie nicht in Verkehr gebracht werden dürfen. Deshalb ist zu erwarten, dass die Kosmetikwirtschaft, wenn der Juli 2013 näherrückt, mit einem lauten Aufschrei nach Übergangsregeln rufen wird - angesichts der langen Vorlaufzeiten aber zu Unrecht.

Credo Verbraucherschutz

Die Idee des europäischen Gesetzgebers ist neben dem ewigen Credo des Verbraucherschutzes auch eine Vereinheitlichung des Warenverkehrs in der EU. Ob ein zentrales Notifizierungsverfahren bei der Kommission zu Übersichtlichkeit und Rechtssicherheit führen wird, darf allerdings bezweifelt werden.

In der österreichischen Judikatur war das Bild des durchschnittlichen Verbrauchers ein bescheidenes, es wurde vom flüchtigen Verbraucher mit flüchtiger Betrachtung und durchschnittlicher Aufmerksamkeit und Intelligenz ausgegangen. Dem gegenüber hat der Europäische Gerichtshof erfreulicherweise ein neues Verbraucherleitbild kreiert - den informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher.

Warum der europäische Gesetzgeber von diesem Leitbild des EuGH abgeht und vor allem im Gesundheitsbereich immer strengere Regeln aufstellt, wäre zu hinterfragen. So hat er durch die Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben bei Lebensmitteln drastische Werbeeinschränkungen zulasten der Nahrungsergänzungsmittelhersteller geschaffen (siehe auch Der Standard, 10. 10. 2012)

Neue Verordnung

Die neue Verordnung stellt nun die Kosmetikindustrie vor neue Herausforderungen hinsichtlich Kennzeichnung, Dossier über die Produkte, Sicherheitsbewertung und Notifizierung. Während die alte Richtlinie mit 15 Artikeln ausgekommen ist, benötigt die neue Verordnung 40, ganz zu schweigen von 71 Erwägungsgründen, mit denen langatmig die Absicht des Gesetzgebers geschildert wird.

Besonders streng sind die Auflagen für die modernen Nanomaterialien. Sie dürfen bei Neueinführung erst sechs Monate nach Notifizierung in Verkehr gebracht werden, normale Kosmetika hingegen sofort. Für bestehende Nanomaterialien gilt diese Wartefrist nicht, allerdings ist für sie eine Notifizierung erst ab 11. 1. 2013 möglich. Das heißt, dass auch sie im ersten Halbjahr 2013 das Verfahren durchlaufen müssen.

Ein besonderes Kapitel in der Verordnung betrifft krebserregende, erbgutverändernde und reproduktionstoxische Stoffe (sogenannte CMR-Stoffe). Solche Substanzen sind nur äußerst eingeschränkt möglich, und das bereits seit 1. 12. 2010.

Vor kurzem gab es Aufregung hinsichtlich Chanel Nr. 5 und anderer Parfums, die einen Extrakt aus Baumflechte enthalten. Schon 2003 wurde diese Substanz in jenen Anhang der alten Richtlinie aufgenommen, laut dem die dort aufscheinenden Substanzen nur unter Einhaltung bestimmter quantitativer Einschränkungen zulässig sind bzw. unter Angabe in der Bestandteilliste. Die jüngste Stellungnahme des Scientific Comitee on Consumer Safety (SCCS), das für die Konsumentensicherheit in der EU zuständig ist, zum Allergierisiko in dieser Substanz enthielt nichts Neues. Möglich ist, dass eine Änderung der umstrittenen Inhaltsstoffe gefordert wird.

Ob das neue europäische Gesetzeswerk tatsächlich Verbesserungen für den Konsumenten bringt, wird sich erst später zeigen. Aber schon bald werden wir wissen, ob am 11. 7. 2013 das EDV-Notifierungssystem bei der Kommission zusammenbricht. (Ruth Hütthaler-Brandauer, DER STANDARD; 12.12.2012)