Filmstill aus "Void".

Foto: Non Plus Filmproduction

Wien - Die Szenen der Folter, der Schläge und Fußtritte, des Aus-dem-Wagen-geschleift-Werdens, einen Plastiksack über den Kopf gezogen Bekommens, der Scheinerschießung und des Angefahren-Werdens ziehen sich über zehn Minuten. Zehn Minuten eines Films, der nur 33 Minuten dauert. Zehn Minuten, die beim Zuschauen schmerzen - was sie auch sollen.

"Die Überlänge ist bewusst gewählt. Ich wollte, dass das Publikum bei etwas zuschaut, wo es eigentlich lieber wegschauen möchte", sagt Stefan Lukacs, Regisseur des Kurzspielfilms Void. Denn so gewaltträchtig das Werk, so gewalttätig dessen Vorlage im echten Leben: Die Folter des gambischen Schubhäftlings Bakary J. durch vier Polizisten in einer Ausbildungshalle der Exekutive am 7. April 2006 in Wien.

Der Fall wurde dieser Tage wieder aktuell, weil J.s Anwalt die Schadenersatzforderung seines Klienten in der Höhe von 750.000 Euro bekanntgab. Die Republik will sich dieses Geld von den vier nach sechsjährigem Abblocken, Verzögern und Ringen 2009 letztendlich doch entlassenen Folterpolizisten zurückholen.

Lehren für die Polizei

Überhaupt legt man im Innenministerium inzwischen beachtliches Interesse an den Tag, Lehren aus den ungeheuerlichen Vorkommnissen in jener Halle zu ziehen. Anlässlich einer Podiumsdiskussion nach der Vorführung von Void beim Internationalen Filmfestival der Menschenrechte "This Human World" kündigte Ministeriumssprecher Karl Heinz Grundböck gar an, den Film im Rahmen der Polizeiausbildung zeigen zu wollen.

Der Streifen stelle die negative Gruppendynamik der vier an Misshandlung und Mordversuch beteiligten Beamten gut dar, sagte Grundböck. Und damit das Problem einer vorurteilsgetriebenen, gewaltbereiten "Cop-Culture", die sich der offiziellen, die Menschenrechte betonenden "Polizeikultur" entgegenstelle.

Tatsächlich hat Regisseur Lukacs einen Schwerpunkt auf das Unterwerfungsregime der Blicke zwischen dem Rädelsführer und seinen Komplizen gesetzt: dem altgedienten Amtshandlungsverantwortlichen, der schweigend zuschaut und dem Neuen im Team, der zum Misshandler wird. Der scheitert, als er sich zuletzt doch auflehnt. "Jetzt bist du einer von uns!", sagt der Rädelsführer.

Der Film hält sich an das, was Bakary J. und andere Beteiligte aktenkundig ausgesagt haben. Dies in Form eines Spielfilms zu inszenieren, habe es ihm ermöglicht, einen Streifen über das von der " Negativfigur des Ausländers" besessene System der Polizei zu machen, sagt Lukacs.

Im nächsten Jahr soll Void, begleitet von Podiumsdiskussionen, erneut gezeigt werden. (Irene Brickner, DER STANDARD, 12.12.2012)