Belastende Unterlagen, die Mensdorff heute, Mittwoch, auf die Anklagebank des Wiener Schwurgerichtssaals brachten, haben ihm in London einst bloß fünf Tage U-Haft beschert. Die britischen Ermittler wollten kriminelle Netzwerke und dubiose Geldflüsse rund um den Waffenkonzern British Aerospace (BAE) aufdecken, hatten über Jahre Beweise gesammelt und Fakten zusammengetragen. Anfang 2010 wurde Alfred Mensdorff-Pouilly, Berater des britischen Rüstungskonzerns, inhaftiert. Kurz darauf ließ sich BAE auf einen Vergleich ein, zahlte hunderte Millionen - und kaufte damit auch den "Grafen" frei.

Der Fall ist untrennbar mit dem heute startenden Verfahren verbunden. Zwei Jahre habe die österreichische Staatsanwaltschaft gebraucht, um an die britischen Dokumente zu kommen - weil sie nicht durften, sagt die österreichische Anklagebehörde, weil sie nicht dürfen sollten, munkeln kritische Rüstungsexperten.

In der Staatsanwaltschaft Wien ist man zuversichtlich, Mensdorff diesmal dranzubekommen. Der Strafantrag von Staatsanwalt Michael Radasztics umfasst drei Hauptpunkte: falsche Zeugenaussage in zwei parlamentarischen Untersuchungsausschüssen, die Vorlage eines gefälschten Beweismittels und Geldwäsche - nicht Bestechung. 12,6 Millionen Euro sollen in den Jahren zwischen 2000 und 2008 von BAE über Mensdorff nach Zentral- und Osteuropa gelangt sein. Doch wohin das Geld, das "aus illegaler Verwendung kam und für illegale Verwendung gedacht war", geflossen ist, weiß die Staatsanwaltschaft nicht.

Es liegt die Vermutung nahe, dass es um die Kampfflieger-Deals der BAE-Tochter Saab in Tschechien und Ungarn ging. Und Mensdorff seine guten Kontakte im Osten spielen und Gelder aus Scheinverträgen fließen ließ, um die Geschäfte für seinen Auftraggeber zu entscheiden - doch nachweisbar wird ihm das kaum sein.

Sicher ist hingegen, dass Mensdorff im U-Ausschuss zu den Korruptionsaffären im März aussagte, die Firma Brodmann Business SA mit Sitz auf den Virgin Islands gehöre ihm nicht. Die Staatsanwaltschaft will Beweise haben, dass das nicht stimmt. Im Eurofighter-U-Ausschuss gab Mensdorff zu Protokoll, er habe seinem Vertragspartner BAE keine Infos über konkrete Beschaffungsvorgänge zu den Jets gegeben. Auch das sei unwahr, heißt es. Und das gefälschte Beweismittel: eine Zahlungsbestätigung einer Firma in den Vereinigten Emiraten.

Für all das drohen Mensdorff sechs Monate bis fünf Jahre Haft. Mit ihm auf der Anklagebank sitzt sein Mitarbeiter Kurt D., der laut Staatsanwaltschaft Gelder von Konten in der Schweiz in Koffern an Mensdorff überbracht haben soll. Auch ihm drohen bis zu fünf Jahre Haft.

Nicht Teil des Verfahrens sind die Machenschaften rund um den heimischen Eurofighter-Deal und die "Kate Stiftung", die eine Schlüsselrolle in der finanziellen Architektur Mensdorffs spielen könnte. Geladene Zeugen sind unter anderen Mitarbeiterinnen von Mensdorff, Zeugen aus dem britischen Verfahren und drei BAE-Mananger. Insgesamt sind zehn Verhandlungstage bis Mitte Jänner anberaumt. Doch es wird vermutet, dass sich das Verfahren über mehrere Monate ziehen könnte. (Katharina Mittelstaedt, DER STANDARD, 12.12.2012)