Bild nicht mehr verfügbar.

Die Stimmung der Fans macht Dortmunds Goalie Roman Weidenfeller zuweilen auch Arbeit.

Foto: AP/ Frank Augstein

Kein Alkohol mehr im Stadion, Pyrotechnik sowieso nicht. Aber den harmlosen, liebevoll von der Oma gestrickten Fanschal jetzt womöglich auch noch abgeben zu müssen, das geht vielen deutschen Fußballfans zu weit.

Dazu aber wird es kommen, befürchtet so mancher Fan - wenn heute das Sicherheitskonzept der Deutschen Fußball Liga (DFL) verabschiedet wird. 36 Profiklubs der ersten und zweiten Bundesliga kommen in Frankfurt zur Vollversammlung zusammen.

Diskutiert haben Manager, Fußballer, Politiker und Polizisten monatelang, die Anlässe waren unerfreulich. Immer wieder kommt es in Deutschland anlässlich von Fußballspielen zu schweren Ausschreitungen.

Da werden in den Stadien bengalische Feuer gezündet, außerhalb der Spielstätten schafft es die Polizei nicht einmal mit massivem Aufgebot, die gegnerischen Anhänger auseinanderzuhalten. Vor allem Ultras sorgen nicht nur in den Fankurven für Unruhe.

Doch nun liegt ein Konzept der DFL auf dem Tisch, das allerdings ziemlich umstritten ist. "Wird das alles durchgewunken, werden wir reagieren müssen, weil dann auch beschlossen wird, was wir kategorisch ablehnen", sagt Philipp Markhardt, Sprecher der Organisation "Pro Fans" und der Protestaktion "12:12".

Gegen Ganzkörperkontrollen

Die Fans protestieren vor allem gegen Ganzkörperkontrollen am Stadioneingang. Diese will der Ligaverband zwar nicht zwingend vorschreiben, aber "lageabhängige Kontrollen der Besucher und der von ihnen mitgeführten Gegenstände" zulassen.

Dabei können Ordner den Besuchern auch Gegenstände wegnehmen, "die dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität einer Person zu verhindern" - Stichwort Vermummungsverbot. Hier sehen Fans den Fanschal in Gefahr.

Als "Totalüberwachung" lehnen sie auch Videoanlagen im Stadion ab. Geplant ist in jedem Stadion einen Kontrollraum für die Sicherheits- und Ordnungskräfte einzurichten. Dieser muss mit einer Videoanlage zur Überwachung der Zuschauerbereiche ausgestattet sein.

Finanziell angeschlagene Klubs aus der zweiten Liga wehren sich dagegen, Teile der Gelder aus TV-Verträgen zweckgebunden einsetzen zu müssen - nämlich in Fanarbeit und Sicherheitsmaßnahmen. Dies soll passieren, wenn ein Verein immer wieder durch randalierende Fans auffällt.

Konzept bedroht

Eine Umfrage des Münchner Magazins Focus ergab, dass das Konzept am Mittwoch zu scheitern droht. Eine Mehrheit der Erstliga-Vereine lehnt es ab. So erklärt der Vorstandschef des Hamburger SV, Carl-Edgar Jarchow: "Wir hatten zu wenig Zeit, das Konzept mit unseren Fans zu besprechen." Werder Bremens Präsident Klaus-Dieter Fischer will einen Aufschub und daher die 16 Einzelanträge der DFL erst einmal scheitern lassen. Erst 2013 will er über sie abstimmen.

Druck jedoch macht Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Er rief zu Geschlossenheit auf und erklärte: "Ich erwarte, dass die Vereine und Verbände nach der kontrovers geführten Diskussion in den vergangenen Wochen nunmehr ihre Geschlossenheit demonstrieren. Das würde uns bei der Bekämpfung der Gewalt inner- und außerhalb der Stadien ein großes Stück voranbringen.

Schweigen im Stadion

Sollten Vereine und Verbände es nicht schaffen, eine Selbstverpflichtung aufzustellen, will die Politik Richtlinien vorgeben, etwa ein Stehplatzverbot im Stadion. Doch auch die Fans wollen nicht lockerlassen. An den beiden vergangenen Spielwochenenden haben sie lautstark und lautlos gleichzeitig protestiert. Bei Partien der ersten und zweiten Liga schwiegen Zehntausende in ganz Deutschland in den ersten zwölf Minuten und zwölf Sekunden (eine Anspielung auf den 12. Dezember), um zu demonstrieren, wie ein Fußballspiel ohne Fans aussieht - zwar mit Ballbewegung, aber ohne Stimmung. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, 12.12.2012)