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Gegen fünf Mitarbeiter der Deutschen Bank ist Haftbefehl erlassen worden.

Foto: Reuters/Domanski Alex

Frankfurt am Main - Razzia und Verhaftungen bei der Deutschen Bank : Im Skandal um Steuerbetrug mit CO2-Emissionszertifikaten ist die Frankfurter Zentrale der größten deutschen Bank stundenlang von bis zu 500 Beamten durchsucht worden. Fünf Mitarbeiter der Bank wurden wegen des Verdachts der Geldwäsche und der Vertuschung von Beweisen verhaftet, wie der Leitende Oberstaatsanwalt Günter Wittig am Mittwoch in Frankfurt sagte. Insgesamt wird nun gegen 25 Bankmitarbeiter ermittelt, unter anderem wegen schwerer Steuerhinterziehung. Die Deutsche Bank ist offenbar weit tiefer als angenommen in das millionenschwere Umsatzsteuer-Karussell verstrickt, das vor knapp drei Jahren aufgeflogen war.

Verdachtsmomente im Zuge von Ermittlungen

Es war bereits die zweite Razzia bei der Deutschen Bank in der Steueraffäre. Als die Ermittlungen im Frühjahr 2010 Fahrt aufnahmen, war die Bank allerdings vor der Durchsuchung gewarnt worden. Diesmal habe es keine Anzeichen dafür gegeben, sagte Wittig. Bisher hatte die Staatsanwaltschaft gegen sieben Banker und nur wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung ermittelt.

In den Ermittlungen hätten sich weitere Verdachtsmomente ergeben, sagte Wittig der Nachrichtenagentur Reuters. "Es besteht unter anderem der Verdacht, dass den Ermittlungsbehörden von Mitarbeitern der Bank Beweismittel vorenthalten und Geldwäscheverdachtsanzeigen nicht erstattet wurden", hieß es in der Mitteilung der Behörde. Staatsanwaltschaft, Bundeskriminalamt und Steuerfahndung ließen auch weitere Büros der Bank sowie Wohnungen in Berlin und Düsseldorf durchsuchen.

Um 9.15 Uhr marschierten mehrere hundert Beamte nach Angaben von Mitarbeitern in die Zwillingstürme der Deutschen Bank in der Frankfurter Innenstadt, zwei grüne Polizeibusse und mehr als 20 Mannschaftswagen parkten vor dem Hochhaus und vor anderen Bürogebäuden. Die Belegschaft durfte zeitweise die Aufzüge in die Büros nicht benutzen. Acht Polizisten in blauen Overalls mit Pistolen im Halter postierten sich in der Lobby.

Die Auswertung der Unterlagen könne Monate dauern, erklärte Wittig. "Die Deutsche Bank kooperiert weiter vollumfänglich mit den Behörden", sagte ein Bank-Sprecher. Das Geldhaus hatte den Handel mit Zertifikaten zur Luftverschmutzung aktiv gefördert, obwohl früh klar war, dass er von Händlern für Steuerbetrügereien missbraucht wurde. Das Institut hatte in diesem Jahr Finanzkreisen zufolge fünf Mitarbeiter wegen deren mutmaßlicher Verwicklung in diesen Fall suspendiert, aber nicht entlassen.

Branchenprimus hat sich "Kulturwandel" verordnet

Der Branchenprimus, der sich in den vergangenen Jahren mit massiven Vorwürfen von Kunden, Aufsehern und anderen Behörden auseinandersetzen musste, hat sich unter dem neuen Vorstandsduo Anshu Jain und Jürgen Fitschen einen "Kulturwandel" verordnet. "Nicht alles, was legal ist, ist für uns auch legitim", hatte ein Sprecher nach der Suspendierung gesagt. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, forderte die Bank auf, härter durchzugreifen. "Es ist ungeheuerlich, dass die Deutsche Bank tief in Geldwäsche verstrickt ist. Als ob die Banken nicht schon genug Vertrauen verspielt hätten. Die Deutsche Bank muss hier umgehend komplette Transparenz schaffen und harte Konsequenzen ziehen."

Vor einem Jahr waren sechs Händler wegen des Umsatzsteuer-Karussells zu Haftstrafen zwischen drei und fast acht Jahren verurteilt worden. Sie allein hatten nach Erkenntnissen des Gerichts einen Steuerschaden von 230 Millionen Euro angerichtet. Die Deutsche Bank hatte im Zuge der Ermittlungen auf 310 Millionen Euro an Umsatzsteueransprüchen "vorläufig verzichtet". Zwei Deutsche-Bank-Mitarbeiter hatten im Prozess die Aussage verweigert. Insgesamt schätzen die Ermittler den Gesamtschaden auf rund 800 Millionen Euro. Weitere Anklagen unter den rund 170 Beschuldigten blieben aber bisher aus.

Bei dem Steuerkarussell wurden die Verschmutzungsrechte über mehrere Stationen zwischen Deutschland und dem Ausland hin- und hergeschoben, bis sich ihre Spur für das Finanzamt verwischte. Einige der Verurteilten handelten nach eigenen Angaben für Auftraggeber in London und im arabischen Raum. Erst eine Änderung der Steuergesetze stoppte die Betrügereien. Den Transfer ins Ausland erledigte nach Erkenntnissen des Landgerichts die Deutsche Bank, die auch Konten für die Verurteilten führte. Bereits in der Verhandlung hatten die Ankläger von einer erheblichen Mitschuld der Bank gesprochen, weil sie es den Betrügern zu leicht gemacht habe. (APA, 12.12.2012)