Genf - Das Teilchenforschungszentrum CERN inspiriert die Pop-Kultur: Dan Brown ließ dort in seinem Roman "Illuminati" Antimaterie herstellen, mit der beinahe der Vatikan in die Luft gesprengt wurde. Und Robert J. Sawyer beschrieb in seinem Roman "Flashforward" (gute Vorlage einer schlechten TV-Serie) die "Nebenwirkung" eines CERN-Experiments mit dem Ergebnis, dass alle Menschen weltweit eine kurze Vision ihrer persönlichen Zukunft ereilte.
Jetzt haben die düsteren Gänge des CERN Physik-Doktoranden als Kulisse für einen Low-Budget-Horrorfilm gedient. "Decay" wurde ohne Genehmigung des Genfer Instituts in den für alle Wissenschafter zugängigen Teilen der Einrichtung gedreht. Doch wurde auch nichts gegen die Dreharbeiten oder die Verbreitung des Films im Internet unternommen. "Die Studenten haben uns den Film nach Abschluss der Dreharbeiten vorgelegt", erklärte James Gillies, Sprecher des CERN. Der Film dauert eineinviertel Stunden und kann gratis auf www.decayfilm.com angesehen werden. Mittlerweile ist er auch auf YouTube gestellt worden.
Im Zentrum des Films steht der Large Hadron Collider (LHC), der stärkste Teilchenbeschleuniger der Welt. Das Drehbuch ist klassisch: Die Anlage, die sich 100 Meter unter der Erdoberfläche befindet, gerät außer Kontrolle und erzeugt eine Strahlung, die das Gehirn von Menschen angreift und sie in Zombies verwandelt. Ausgerechnet das Higgs-Boson hat sich als tödliche Gefahr entpuppt. Die Interview-Aussage "Das Higgs-Boson ist Grundlage unserer Existenz" von CERN-Chef Rolf-Dieter Heuer vergangene Woche bekommt damit ganz neue Aspekte ...
Spitzenforschung mit Pop-Appeal
Drehbuchautor Luke Thompson, CERN-Mitarbeiter und Doktorand an der Universität Manchester, erklärte, man habe damit zeigen wollen, dass Physiker keine Langeweiler sein müssen. Was aber nach den Internet-Auftritten von CERN-Musikerinnen wie Les Horribles Cernettes oder Kate McAlpine mit ihrem "Large Hadron Rap" ohnehin niemand mehr angenommen hätte. "Decay" könnte deren Publicity-Erfolge wiederholen: Der am Samstag erstmals gezeigte Film kann angesichts der bescheidenen Mittel, die den Studenten dafür zur Verfügung standen, bereits gute Klickzahlen vorweisen.
(red, derStandard.at, 12. 12. 2012)