Wien - Sie treten zumeist im Doppelpack auf: Streptococcus pneumoniae-Keime (Pneumokokken) erscheinen unter dem Mikroskop am häufigsten als an einander gelagerte Zwillings-Bakterien. Gefährlich sind sie speziell für Kleinkinder und ältere Menschen indem sie Gehirnhautentzündungen, Sepsis und Pneumonien verursachen. Kleinkinder sollten auf jeden Fall geimpft werden, ebenso Menschen über 50. Seit 1. Februar dieses Jahres ist die generelle Pneumokokkenimpfung auch Bestandteil des kostenlosen österreichischen Kinder-Immunisierungsprogrammes, erklärten Experten am Mittwoch bei einem Hintergrundgespräch in Wien.

"Im zweiten und dritten Lebensjahr sind 60 Prozent der Kinder mit S. pneumoniae 'besiedelt', im Schulkindalter 25 bis 35 Prozent. Bei Erwachsenen gibt es in der Regel eine sehr geringe Kolonisierung (um die vier Prozent, Anm.Red.), außer bei Erwachsenen mit kleinen Kindern. Dann sind es wieder 30 Prozent", sagte Ursula Wiedermann-Schmidt vom Institut für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der MedUni Wien.

Mögliche Sepsis

Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Bevölkerung "trägt" die Keime ohne Erkrankung vor allem im Nasen-Rachen-Raum. Manchmal - vor allem bei Schwächung des Immunsystems (z.B. durch eine Virus-Influenza) - wird daraus dann eine Infektion. Das geht von der Mittelohrentzündung über Lungenentzündungen bis zum Übertritt der Keime in die Blutbahn, möglicher Sepsis bzw. Meningitis.

"Weltweit gibt es jährlich 14 Millionen Fälle von invasiven Pneumokokken-Infektionen, vier Millionen Todesfälle, davon 820.000 bei Kindern unter fünf Jahren", so die Expertin. In Österreich wurden 2011 offiziell insgesamt 158 invasive Pneumokokken-Erkankungen (Meningitis, Sepsis mit oder ohne Pneumonie und Meningitis) registriert. Die Häufigkeit lag damit bei zwei Fällen pro 100.000 Einwohner. Die Sterblichkeit betrug knapp elf Prozent, es gab 17 Todesfälle. Die Häufigkeit solcher schwerer Erkrankungen ist altersabhängig: Sie ist mit 7,6 Fällen (pro Jahr) je 100.000 Kindern unter zwei Jahren am höchsten, sinkt dann auf sehr niedrige Werte, um in der Altersklasse ab 45 wieder anzusteigen. Bei 80-Jährigen liegt die Erkrankungsrate wieder bei 6,2 Fällen pro Jahr und 100.000 Menschen.

Indirekter Herdenschutz

Die Empfehlung deshalb: Jedes Baby sollte ab dem dritten Lebensmonat gegen die Pneumokokken immunisiert werden. Hier hat die generelle Aufnahme der Impfung in das kostenlose Kinder-Impfprogramm in Österreich mit 1. Februar dieses Jahres den Umschwung gebracht. Jürgen Dornbusch, auch Ko-Referent des Impfreferates der Österreichischen Ärztekammer: "Mittlerweile erhält praktisch jedes Baby die Pneumokokkenimpfung." Ab einer Durchimpfungsrate bei Kindern von 70 bis 80 Prozent ergibt sich ein indirekter "Herdenschutz" für nicht immunisierte Erwachsene, weil einfach weniger Pneumokokken im "Umlauf" sind.

Für Menschen ab 50 wird die Pneumokokkenimpfung ebenfalls seit Jahren empfohlen. Während Kinder ausschließlich mit sogenannten Konjugatvakzinen immunisiert werden, gibt es für Erwachsene sowohl einen sogenannten Polysaccharid-Impfstoff, der gegen 23 Typen der Keime zu einem hohen Prozentsatz schützt als auch einen Konjugatimpfstoff ähnlich jenem der Kinder-Vakzine (gegen 13 Serotypen von Pneumokokken). Zu den Alternativen soll es im neuen österreichischen Impfplan für 2013 genauere Hinweise geben. (APA, 13.12.2012))