Wien - "Leider geil", "Zehentanga" und "urkeksi": So lauten die frisch gekürten Top drei österreichischen Jugendwörter 2012. Wer wie ich keine Ahnung hat, dass "Zehentanga" Flipflops bedeuten soll, und auch vom Ausspruch "urkeksi" - vergleichbar mit "leiwand" - noch nie etwas gehört hat, hat aber noch längst nicht den endgültigen Anschluss verloren. Denn ein Blick hinter die Ranking-Kulissen lässt Zweifel aufkommen, dass es sich bei den prämierten Begriffen tatsächlich um die sprachlichen Aushängeschilder der rund 380.000 heimischen Jugendlichen handelt - denn schlussendlich haben nur 2189 Leute gevotet.

Erst seit 2010 wird das österreichische "Jugendwort des Jahres" gesucht, quasi als Ableger des "Wort des Jahres". Eine Blitzumfrage in meinem Freundeskreis ergab: Nur einer von 17 Befragten wusste, dass man selber die Entscheidung mitbestimmen kann. Außerdem scheint die Suche nach dem Jugendwort des Jahres schon wegen der unterschiedlichen Jugendkulturen schwierig, weil etwa Hipster ganz andere Lieblingsbegriffe verwenden als Punks. Auch unterscheidet sich das Jugendvokabular in der Bregenzer Tenne wohl deutlich von jenem in der Wiener Großraumdisco.

"Yolo, du Krocha!"

Unsere deutschen Nachbarn haben sich übrigens schon im November entschieden: "Yolo" (Abkürzung für "You only live once") wurde als Jugendwort des Jahres gekürt, gefolgt von der Beleidigung "FU!" ("Fuck you!") und dem aus dem Arabischen stammenden "Yalla!" ("beeil dich!").

Der Langenscheidt-Verlag hat sich bei unserem nördlichen Nachbarn für die Ermittlung des Jugendwortes zuständig erklärt, und zwar um zu zeigen, wie Jugendliche durch ihren kreativen Umgang mit Sprache die Alltagssprache des Landes verändern. Gleichzeitig gibt der Verlag jährlich ein Jugendwörterbuch heraus. In Hä?? Jugendsprache unplugged 2013 finden sich mehr als 600 Wörter und Sprüche, die Jugendliche aus Deutschland, Österreich und der Schweiz angeblich zurzeit "leider geil" finden.

Heimische Leser müssen sich bei der Lektüre allerdings mit rund zehn als genuin österreichisch gekennzeichneten Begriffen begnügen - und auch bei diesen stellt sich die Frage nach der Relevanz.

Dass der "Beckenrandschwimmer" ("Weichei") vorrangig in Jugendkreisen kursiert, darf bezweifelt werden, schließlich habe ich den Begriff schon von meinem Großvater gehört. Auch der "Krocha" ("Mitglied einer jugendkulturellen Szene, das Techno-Musik hört und sich auffällig kleidet") ist wohl schon ein wenig aus der Mode gekommen. Und wie viele junge Österreicherinnen und Österreicher nennen das Altersheim tatsächlich "Sterbesilo"?

Mein Fazit: "leider kontrageil". (Jakob Wasshuber, DER STANDARD, 12.12.2012)