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Foto: REUTERS/Babu

Klosterneuburg/Wien - Der Unfallchirurg Peter Valentin versteht die ganze Aufregung nicht. Er baut für seine rund 300 Schildkröten ein 500-Quadratmeter-Glashaus in Klosterneuburg. Im Dienste der Arterhaltung, sagt er. Seine Tiersammlung sei in Bezug auf einige Schildkrötenarten eines der bedeutendsten Schutzprojekte der Welt, meint Valentin.

Der 49-Jährige hat für die Errichtung des Daches über seinen Schützlingen europäischer, asiatischer, afrikanischer und australischer Herkunft eine Baubewilligung im Grünland erhalten. Springender Punkt ist: Nur im Ausnahmefall - zum Beispiel, wenn es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb handelt - sieht das niederösterreichische Raumordnungsgesetz vor, dass im Grünland gebaut werden darf.

Die Grünen haben Zweifel, dass da alles mit rechten Dingen zugeht und Anfragen an die Landesräte Karl Wilfing (Raumordnung) und Stephan Pernkopf (Landwirtschaft, beide VP) gestellt, um zu erfahren, was denn nun unter "landwirtschaftlichem Betrieb" verstanden wird, was als Nutztier gilt und ob es nach dieser Auslegung der Bau- und Raumordnung auch möglich wäre, "eine afrikanische Kobrazucht (...) im Grünland anzusiedeln"?

Baubewilligung "inakzeptabel"

Die Klosterneuburger Grünen zeigten den Fall zudem bei der Gemeindeaufsicht des Landes an. Wie der Standard erfuhr, gibt diese der Baubehörde recht. Heute, Donnerstag, soll darüber im Gemeinderat informiert werden. Für Sepp Wimmer (Grüne) ist die Entscheidung "inakzeptabel" - unter anderem, weil es darin heiße, jedes Tier könne als Nutztier betrachtet werden. Er fürchtet, dass so unter dem Deckmantel des landwirtschaftlichen Betriebs immer mehr Grünland verbaut werden könnte.

Pernkopfs Anfragebeantwortung zufolge sind Nutztiere alle "nicht frei lebenden und domestiziert gehaltenen Tiere, aus denen der Mensch in irgendeiner Form einen Nutzen (...) zieht". Peter Neubauer von der Klosterneuburger Baubehörde sagt: "Der Nutzen kann auch die Arterhaltung sein."

Chirurg Valentin beteuert jedenfalls, dass seine Schildkröten nicht bloß Hobby seien, er verkaufe auch Exemplare an Zoos oder Liebhaber. Dieser Punkt ist nicht unwesentlich, wenn es um die Frage geht, ob seine Farm tatsächlich ein landwirtschaftlicher Betrieb ist. Der Mediziner nimmt auch an Fachtagungen zu Schildkrötenthemen teil, dafür war er 2011 zum Beispiel in Singapur.

Teenager im Kampf gegen den Suppentod

Als 14-Jähriger bekam Valentin eine Rotwangenschildkröte, über die Jahre und auf Reisen sammelte er immer mehr der gepanzerten Tiere "und bewahrte sie vor dem sicheren Suppentod". Derzeit betreut er sie in einer aufgelassenen Gärtnerei, die für ihn zu weit weg gelegen ist. Ab Frühling sollen die Tiere in Klosterneuburg leben.

Zu dem Fakt, dass in Österreich immer wieder zum Beispiel über das Vehikel "Buschenschank" Baubescheide für Privathäuser im Grünland erwirkt werden, sagt Valentin, er habe ursprünglich vorgehabt, das Projekt in Klosterneuburg mit privater Teilnutzung einzureichen. Das sei aber bereits fünf Jahre her. Damals habe ihm die Gemeinde aber gleich gesagt, dass das nicht bewilligt werde. Also sei das jetzt alles nur für seine Schildkröten. (Gudrun Springer, DER STANDARD, 13.12.2012)