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Umstrittene Botschafterernennung: Avigdor Lieberman.

Foto: AP/Scheiner

Nicht weniger als zwölf Jahre lang hatte die israelische Staatsanwaltschaft gegen Avigdor Lieberman ermittelt - Donnerstagnachmittag hat sie endlich eine Entscheidung verkündet. Doch über die politische Zukunft des rechtspopulistischen Außenministers gab es zunächst noch keine Klarheit.

Im Hauptfall, wo es um den Verdacht der Bestechung geht, ist Lieberman davongekommen - mangels an Beweisen wird es hier keine Anklage geben. Eine zweite Untersuchung, die mögliche Untreue im Zusammenhang mit der Ernennung eines Botschafters betrifft, wird hingegen zu einer Anklage führen.

Geldtransfers seit dem Jahr 2000

Seit dem Jahr 2000 war die Polizei Geldtransfers nachgegangen, die über weitverzweigte Netze von Firmen und Scheinfirmen in Israel, Zypern und auf den Britischen Jungferninseln gelaufen waren. Lieberman und seine Tochter sollen diese Firmen kontrolliert haben, auch in Jahren, in denen Lieberman als Abgeordneter und als Minister fungierte.

Die Dollarmillionen sollen von verschiedenen internationalen Tycoons gekommen sein, die in Israel Geschäftsinteressen hatten - genannt wurde dabei auch immer wieder der Österreicher Martin Schlaff. Lieberman gab regelmäßig zu verstehen, dass man ihn nur aus politischen Gründen verfolgen würde, und machte sich über die Untersuchung lustig. "Guten Morgen, alles ist wie im Paradies, es gibt nichts zu befürchten", sagte Lieberman noch am Donnerstagmorgen zu Journalisten, die vor seinem Haus warteten.

Doch auch wenn Polizei und Staatsanwaltschaft vielleicht von Liebermans Schuld auch im zentralen Fall überzeugt sind - sie konnten offenbar nicht genügend stichhaltiges Material zusammentragen, weil etwa wichtige ausländische Zeugen umgefallen sind oder nicht in Israel aussagen wollen.

Sozusagen unterwegs war aber etwas anderes an Lieberman hängengeblieben. Ein Diplomat, der von der Polizei befragt wurde, soll Lieberman vertrauliche Informationen über die Untersuchung weitergegeben haben. Der Außenminister hat den Mann später zum Botschafter in Weißrussland ernannt - ein Eingriff in ein Justizverfahren, der nun zur einer Anklage wegen Untreue führt.

Rechtsexperten waren sich zunächst nicht darüber einig, ob dieses Delikt schwer genug ist, um Lieberman zum sofortigen Rücktritt zu zwingen. Lieberman hatte für Donnerstagabend eine Pressekonferenz angesetzt.

Einfluss auf Wahlen offen

Die Situation ist umso pikanter, als Israel im nächsten Monat ein neues Parlament wählt. Für diese Wahlen hat sich Liebermans Partei mit der Likud-Partei von Premier Benjamin Netanjahu zusammengetan. Auf der gemeinsamen Liste ist Lieberman die Nummer zwei. Die große Frage war, ob Lieberman vielleicht wegen der Anklage auf die Kandidatur verzichten und ob das die Wahlprognosen beeinflussen würde. (Ben Segenreich aus Tel Aviv, DER STANDARD, 14.12.2012)