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Der 88-jährige Deutsch-Franzose ist ein profunder Kenner der Weltpolitik und war neben seiner Chef-Korrespondenten-Tätigkeit für ARD und ZDF unter anderem auch WDR-Fernsehdirektor und Chefredakteur des Nachrichtenmagazins "Stern."

Foto: reuters

Gerade mal drei Wochen ist es her, als der überaus prominente deutsch-französische Auslandsjournalist Peter Scholl-Latour wieder als Redner zu einer Diskussionsveranstaltung eingeladen wurde. Das kommt häufiger vor. Genau genommen mehr als 40 Mal pro Jahr, wie seiner Biografie zu entnehmen ist. Auf der "Souveränitätskonferenz" in Berlin waren die Umstände jedoch anders als sonst.

Fragwürdige Veranstaltungen

Auf der Veranstaltung, die vom deutschen Monatsmagazin "Compact" initiiert wurde, ging es unter anderen auch um "Deutschlands Souveränität". Dabei bewegte sich das Event sehr nah am Rechten Rand: Denn laut mehreren Berichten, darunter auch dem Anti-Nazi-Blog "Störungsmelder" der deutschen Wochenzeitschrift "Die Zeit", soll die Veranstaltung, in der Scholl-Latour als prominenteste Persönlichkeit auftrat, "Verstrickungen" zur "neuen Rechten" Deutschlands aufweisen.

Diese Einschätzung teilt auch die Aufklärungsbroschüre "Aktiv gegen extrem rechte Zeitungen", die 2012 von der gewerkschaftlichen "Verdi-Jugend" und dem "Anti-Faschistischen-Pressearchiv" herausgegeben wurde. Laut der Broschüre sei die Zeitschrift "Compact" ein Versuch, eine Brücke "zwischen extrem Rechten und Rechtskonservativen" zu schlagen. Im Übrigen findet sich auf der Homepage der deutschen Zeitschrift "Compact" auch ein Werbebanner mit einem Verweis auf die Seite Unzensuriert.at, einem FPÖ-nahen Blog.

Zu Gast bei der FPÖ

Vergangenen September in Wien, gut zwei Monate vor der Berliner Konferenz, wurde Peter Scholl-Latour, der Autor von mittlerweile 33 Büchern, zum Vortrag im Rahmen des "FPÖ-Bildungsinstituts" eingeflogen. Nach einer Begrüßung durch FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian Strache folgte ein Vortrag von Scholl-Latour zum Thema "Arabischer Frühling" und islamische Welt. Seine Meinung ist gefragt: Der 88-jährige Deutsch-Franzose ist ein profunder Kenner der Weltpolitik und war neben seiner Chef-Korrespondenten-Tätigkeit für ARD und ZDF unter anderem auch WDR-Fernsehdirektor und Chefredakteur des Nachrichtenmagazins Stern. Seine Vietnam-Erzählung "Der Tod im Reisfeld" wurde über 1,2 Millionen Mal verkauft.

"Unabhängige Geister"

Das deutsche Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtete im Jahr 2004 über Zitate von Scholl-Latour, die in einem Werbeblatt der rechts gerichteten Wochenzeitung "Junge Freiheit" erschienen sind. In einem Statement, das auch auf der offiziellen Homepage der Zeitschrift zu finden ist, lobt Scholl-Latour die "Junge Freiheit" ausdrücklich als "unabhängige Geister", die "gegen den Strom schwimmen". Für den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen bleibt die Publikation "Junge Freiheit" beobachtenswert: Sie sei eine "um Intellektualisierung bemühte geistige Strömung innerhalb des Rechtsextremismus". Darüber hinaus berufen sich auch Teile der NPD (Nationaldemokratische Partei Deutschland) auf Scholl-Latours Positionen, wohl ohne, dass dieser darüber in Kenntnis gesetzt worden ist, wie ein "Zitat der Woche" auf der Homepage der NPD-Bayern und ein Statement zur Globalisierung auf der NPD.de Internetseite zeigen.

Fragen bleiben offen

Dass Experten seines Formats unter anderem auch in derartig einschlägigen Rahmen zu Wort kommen, ist vor dem Hintergrund seiner medialen Präsenz und seiner immer wieder nachgefragten Expertise jedenfalls kritisierenswert. Schließlich wird Scholl-Latour unter vielen journalistischen Ehrentiteln geführt – unter anderem wird er "Grand Seigneur des Auslandsjournalismus" genannt und ist nach wie vor eine ernstzunehmende Persönlichkeit in der deutschen Medienlandschaft. Allein im Jahr 2003, jenem Jahr, in dem der Irakkrieg begann, wurde der bekannte Publizist laut dem "Hessischen Rundfunk" in 24 Talkshows eingeladen. (Toumaj Khakpour, daStandard.at, 14. Dezember 2012)