Ein Biochemiker und fünf angehende Humanmediziner haben sich zu einem Selbstversuch verabredet: Sie treffen sich heute zum Feuerzangenbowle-Trinken im deutschen Wetter-Wengern. Ganz sicher nimmt jeder mehr als einen winzigen Schluck, denn es geht um den Einfluss von Atemtechniken auf das Ergebnis von Alkoholtestern. Im Test sind vier frei käufliche Atemluft-Alkoholtester und einer von der Polizei. Der Versuchsaufbau: Ab 20 Uhr treffen die Probanden ein, von 21 bis 22 Uhr wird die Versuchslösung oral zugeführt und ab 22:15 Uhr beginnen die Messungen.

Hugo Sandler (Name frei erfunden) heißt ein an der Uni Witten/Herdecke im Medizinstudium besprochener Patient. Nein, es ist kein richtiger Patient. Er existiert nur auf Papier. So, wie viele Patienten mit ihren Fallgeschichten frei erfunden sind. Sie helfen den Studenten der Humanmedizin im Rahmen des "Problemorientierten Lernens" sich an medizinisches Denken und medizinische Zusammenhänge heranzutasten.

Der Fall "Hugo Sandler"

Am 13. Januar wird in der Dortmunder Innenstadt ein Mann mittleren Alters auf dem Boden liegend von Passanten aufgefunden. Als ein Passant ihn auffordert, aufzustehen, reagiert er kaum. Er ist trotz Außentemperaturen um den Gefrierpunkt nur mit Hemd, Anzugjacke und Jeans bekleidet. Seine Füße stecken in alten Turnschuhen mit Loch. Immerhin trägt er dünne Handschuhe an den Händen. Auffallend ist seine blasse, fast bläuliche Gesichtsfarbe. Nase und Ohren stechen schon fast dunkelviolett hervor.

Trotz Hilfestellung kann er seine Gliedmaßen kaum bewegen. Seine Haut fühlt sich sehr kalt an. Ein Passant ruft mit seinem Handy den Rettungsdienst, ein anderer versucht - ohne Erfolg ihn daran zu hindern. Lautstark macht jener seiner Wut Luft: "Lass den doch liegen, der ist bloß betrunken, ist schließlich selbst dran schuld, hat sich selbst kaputt gesoffen. Dem ist nicht mehr zu helfen, kostet nur unsere Steuergelder".

Im Selbstversuch

So lautet die Fallgeschichte, die der Michael Kaufmann nutzt, um in seiner Veranstaltung zur Biochemie den Alkoholabbau zu erklären. Und wie man Alkohol in der Atemluft bestimmt. Dabei konnte er sich nicht verkneifen, einen kleinen Trick bei polizeilichen Alkoholkontrollen zu verraten, der angeblich niedrigere Messwerte erzeugt. Und so entstand die Idee zum Selbstversuch, der nach wie vor eine der gängigen Methoden zum Erkenntnisgewinn darstellt. Und Forschung darf auch Spaß machen.

Fünf Studenten werden Kaufmann im Dienste der Wissenschaft von 21 bis 22 Uhr Feuerzangenbowle konsumieren. Im Anschluss daran werden Atem-Alkoholtests mit den Messgeräten durchgeführt. Die Messungen erfolgen nach Anwendung unterschiedlichster Atemtechniken und werden die Arbeitshypothese von Prof. Kaufmann bestätigen oder widerlegen.