Die Österreichische Staatsdruckerei wartet auf 1,4 Millionen Euro vom kosovarischen Innenministerium. Das Unternehmen hat mittlerweile die Lieferung von Reise- pässen in den Kosovo gestoppt.

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Der Anwalt jener Frau, die im Kosovo wegen der Affäre um Passlieferungen der österreichischen Staatsdruckerei (OeSD) in Untersuchungshaft sitzt, behauptet, die OeSD hätte Schmiergeld bezahlt. Diese dementiert.

Prishtina/Wien - Die Affäre um die Lieferung von Reisepässen aus Österreich beschäftigt weiterhin die kosovarische Öffentlichkeit. Nun hat der Anwalt der im Kosovo in Untersuchungshaft sitzenden Natali V., Tome Gashi, im Fernsehen neue Vorwürfe gegen die Österreichische Staatsdruckerei (OeSD) formuliert. Gashi sagte im Interview mit dem Sender Kohavision, dass Frau V. behaupte, dass das österreichische Unternehmen den Auftrag vom kosovarischen Innenministerium deshalb bekommen habe, weil es zehn Prozent der Auftragssumme an Schmiergeldern an hohe Beamte des kosovarischen Innenministeriums bezahlt habe. Laut Gashi habe die OeSD "dieses Spiel mit dem Innenministerium akzeptiert".

Robert Schächter vom Vorstand der OeSD Holding AG weist alle " Anschuldigungen von Frau V. und Herrn Gashi aufs Schärfste zurück". Die OeSD verweist zudem auf die laufenden Ermittlungen durch die EU-Mission Eulex.

Frau V. steht im Verdacht, über ihre Gesellschaft Consulting EU widerrechtlich 1,4 Millionen Euro kassiert und behalten zu haben, die der Staatsdruckerei zustehen. Die OeSD hatte im Vorjahr eine Ausschreibung gewonnen, Pässe in den Kosovo zu liefern. Frau V. wurde laut der OeSD für Zollformalitäten engagiert.

Laut Gashi behauptet Frau V., dass die OeSD nicht der beste Anbieter gewesen wäre. Eine Summe "von ungefähr 80.000 Euro" soll an einen hohen Mitarbeiter des Ministeriums bezahlt worden sein, damit die OeSD den Auftrag trotzdem bekommt. "Die Anbieter aus Slowenien und Deutschland haben sich beschwert und mit diesen 80.000 Euro extra sollten der Mitarbeiter dafür sorgen, dass die Beschwerden der anderen Anbieter keine Chance haben", so Gashi im Interview mit Kohavision.

Gashi behauptet zudem, dass nach der Überweisung von 1,4 Millionen Euro " hohe Mitarbeiter des Innenministeriums auf Frau V. Druck ausgeübt haben, damit sie bestimmte Beiträge an bestimmte Leute oder Konten verteilt bzw. überweist".

Insgesamt sollen die Beträge an fünf bis sieben hohe Mitarbeiter des Ministeriums verteilt worden sein. "In einem Fall wurde ein Betrag zwischen 250.000 und 300.000 Euro bei einem Restaurant außerhalb von Prishtina von Frau V. an einen hohen Mitarbeiter des Innenministeriums bar übergeben", sagte Gashi. Auch dies sei im Auftrag der OeSD erfolgt, so der Anwalt. Die OeSD dementiert alle diese Vorwürfe.

"Nur Vermittler"

Gashi meinte, dass Frau V. "nur ein Vermittler für die Überweisungen." Gashi ist der Meinung, dass die österreichische Staatsanwaltschaft aktiv werden sollte. "Ich habe bis 1992 als Richter gearbeitet, dann auch als Staatsanwalt. Wäre diese Akte zu mir gekommen, hätte ich sofort Ermittlungen (...) eingeleitet." Laut Gashi, behauptet Frau V. zudem, dass die österreichische Botschaft im Kosovo Druck ausgeübt habe. Das Außenministerium in Wien betont, dass man sich nicht in ein laufendes Verfahren einmischt. Am Mittwoch wurde die Untersuchungshaft gegen Frau V. und zwei weitere Beschuldigte um zwei Monate verlängert. Für V. gilt die Unschuldsvermutung. (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, 14.12.2012)