Wien - Mit einer fünfjährigen Freiheitsstrafe für einen 22-jährigen Wiener ist am Freitag im Straflandesgericht der Prozess um einen besonders krassen Fall von Kindesmisshandlung zu Ende gegangen. Ein im Tatzeitraum dreieinhalb Jahre altes Mädchen war vom neuen Freund der Mutter über Monate hinweg geschlagen und vor allem psychisch malträtiert worden, indem der Mann dem Kind androhte, er werde es aus dem Fenster zu werfen oder sein Hund werde ihm die Kehle durchbeißen.

15 Monate teilbedingt für Mutter

Die 29 Jahre alte Mutter stellte sich nicht schützend vor ihre Tochter, sondern züchtigte diese ebenfalls und kündigte ihr an, sie werde sie in den Wald zu den wilden Tieren bringen, wenn sie weiter "schlimm" sei. Sie wurde dafür wegen Quälens einer Minderjährigen zu 15 Monaten Haft verurteilt, davon fünf Monate unbedingt.

Während sie Bedenkzeit erbat, akzeptierte ihr fünffach vorbestrafter Ex-Freund - das Paar hatte sich nach Bekanntwerden der Übergriffe getrennt - den Schuldspruch wegen fortgesetzter Gewaltausübung sowie die über ihn verhängte Strafe. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.

Laut Gutachten hatte Mädchen Todesangst

Bei dem im Tatzeitraum dreieinhalb Jahre alten Mädchen sind infolge der erlittenen physischen und psychischen Misshandlungen Dauer- und Spätfolgen wahrscheinlich. Das legte die Kinder- und Jugendpsychiaterin Gabriele Wörgötter in ihrem Gutachten dar. Ihren Ausführungen zufolge hatte das Mädchen über Monate hinweg Todesängste ausgestanden.

"Eine derartige Traumatisierung, wie sie das Kind erfahren musste, hinterlässt mit Sicherheit Spuren für das ganze Leben", sagte Wörgötter. Die Kleine bedürfe jahrelanger therapeutischer Begleitung: "Das Schlimmste, was einem Kind in diesem Alter passieren kann, ist dass es von den wichtigsten Bezugspersonen, die es hat, die es liebt und auf die es angewiesen ist, grob misshandelt wird."

Das Mädchen habe "rund um die Uhr Angst gehabt, geschlagen zu werden. Sie hat das als massive Bedrohung erlebt und sich gefürchtet, getötet zu werden", erläuterte die Sachverständige. Das Mädchen habe das Erlebte "verdrängen müssen, um überhaupt weiterleben zu können".

Finanzielle Wiedergutmachtung von 24.000 Euro

Der Schöffensenat (Vorsitz: Christina Salzborn) verurteilte den damaligen Freund der Mutter zusätzlich zur fünfjährigen Freiheitsstrafe zu einer finanziellen Wiedergutmachung von 24.000 Euro. Die leibliche Mutter muss 2.000 Euro bezahlen. Zusätzlich haften beide für allfällige zukünftige medizinisch-therapeutische Folgekosten.

Der Fall war am 13. Juni 2011 aufgeflogen, als die Mutter mit dem Kind ins UKH Meidling kam und behauptete, ihre Tochter habe sich beim Duschen verletzt. Der Arzt, der das Mädchen untersuchte, verständigte sofort die Polizei, als ihm die Dreieinhalbjährige verriet: "Das ist der neue Papa, der tut mir immer so weh."

Wie sich herausstellte, hatte der 22-Jährige dem Kleinkind den Arm verdreht und eine komplizierte Knochenfraktur bewirkt. Im Zuge der Ermittlungen erzählte das Mädchen, das umgehend sogenannten Not-Pflegeeltern anvertraut wurde, der "neue Papa" habe sie öfter in den Kasten gesperrt, wo sie sich vor Monstern gefürchtet hätte. Ihr seien einmal auch mit einem Isolierband Mund, Augen, Hände und Füße verklebt worden, weil sie "schlimm" war. (APA, 14.12.2012)