Newtown - Noch nie haben die Amerikaner ihren Präsidenten so aufgewühlt erlebt wie nach dem Blutbad in der Sandy-Hook-Grundschule. Barack Obama hatte mit den Tränen zu kämpfen, als er von den toten Schülern sprach. Die USA hätten solche Tragödien schon zu oft durchmachen müssen, beklagte er, nun sei es höchste Zeit für wirkungsvolles Handeln. Am Sonntag flog Obama nach Newtown, wo für den Abend eine Mahnwache geplant war.

Bisher hat es das Weiße Haus tunlichst vermieden, sich mit der National Rifle Association (NRA), der mächtigen Waffenlobby, anzulegen. Auch manche Obama-Wähler sind dort organisiert, und besonders in ländlichen Gebieten plagt eher stadtaffine Demokraten die Angst, beim nächsten Votum abgestraft zu werden, falls sie den Zorn der NRA auf sich ziehen.

Stimmung könnte kippen

Doch mit den furchtbaren Bildern aus Newtown könnte die Stimmung kippen: Präsidentensprecher Jay Carney hatte es bereits am Freitag zu spüren bekommen. Allzu gebetsmühlenartig schmetterte er bohrende Reporterfragen mit dem Hinweis ab, dies sei nicht die Stunde, um über Waffengesetze zu diskutieren. "Wann denn sonst?", entgegnen diesmal die Kritiker, denen allmählich der Geduldsfaden reißt.

47 Prozent aller US-Haushalte besitzen mindestens eine Feuerwaffe. An einem statistischen Durchschnittstag sterben zwischen Miami und Seattle 32 Menschen an Schusswunden. "Unsere Gesellschaft ist nicht gewalttätiger als andere", fasst es Daniel Webster zusammen, ein Experte für Waffenkontrolle am Johns Hopkins Center for Gun Policy, "aber die Gewalt bei uns ist tödlicher". (fh, DER STANDARD, 17.12.2012)