Hongkong - Der einst weltgrößte Versicherer AIG kappt seine Wurzeln und zieht sich nach fast 100 Jahren aus Asien zurück. Der Konzern leitete den Verkauf seines restlichen Anteils an der Tochter AIA an institutionelle Investoren in Hongkong ein. Mit der Sache vertrauten Personen zufolge könnte AIG dabei bis zu 6,5 Mrd. Dollar (5,01 Mrd. Euro) erlösen.

AIA ist der drittgrößte Versicherer Asiens und bildete das Herzstück der US-Mutter. AIG musste jedoch nach riskanten Wertpapiergeschäften im Herbst 2008 von der US-Regierung mit insgesamt 182 Mrd. Dollar vor dem Aus gerettet werden. Zur Rückzahlung der Finanzspritzen musste AIG sein Tafelsilber weitgehend verkaufen. Die Asien-Tochter galt dabei von Anfang an als der lukrativste Teil. Weil eine Übernahme durch die britische Prudential scheiterte, brachte AIG die Tochter 2010 in Hongkong an die Börse und nahm dabei 20 Mrd. Dollar ein. In zwei Schritten trennte sich AIG von weiteren Anteilen.

Den Rest von jetzt noch 13,69 Prozent oder 1,65 Mrd. Papieren bietet AIG den Kreisen zufolge nun für 29,65 bis 30,65 Hongkong-Dollar je Aktie an. Damit gewährt AIG einen Rabatt von bis zu 6,3 Prozent auf den Schlusskurs vom Freitag. "Es gibt eine ganze Reihe von Interessenten", sagte Analyst Ping Cheng von DBS Vickers. Die Geschäftsaussichten von AIA seien gut. Generell wächst die Versicherungsindustrie in Asien und Investoren hoffen auf ein Stück vom Kuchen.

Gründung in Shanghai

Der AIG-Konzern wurde 1919 vom US-Unternehmer C.V. in Shanghai gegründet. Wegen politischer Unsicherheiten verlagerte er die Geschäfte 20 Jahre später vorübergehend in die USA, nach dem Zweiten Weltkrieg dann vollständig. Seit 1984 ist AIG börsennotiert. Vor vier Jahren drohte AIG die gesamte Weltwirtschaft in den Abgrund zu reißen. Inzwischen ist der Konzern aber mit Hilfe der US-Steuerzahler vollständig saniert.

Die US-Regierung schloss ihren kompletten Rückzug am Freitag ab und verbuchte bei der riskanten Rettung des Konzerns sogar einen Gewinn. Wieder in die Erfolgsspur brachte das Unternehmen Robert Benmosche, der frühere Chef des US-Versicherers MetLife. Er übernahm im Sommer 2009 das Ruder und sorgte dafür, dass Geld durch Verkäufe in die Kasse kam und der Konzern mit seinem profitablen Kerngeschäft - Lebensversicherungen und Schaden/Unfall-Policen - weitermachen durfte. (APA/Reuters, 17.12.2012)