Es ist schnell gegangen. Statt Teil der BRICs, der dynamischen vier Schwellenländer, ist das B, Brasilien, mittlerweile der Bremser. 2012 wird die Wirtschaft gerade einmal um knapp über einem Prozent wachsen. "Brasilien ist in den vergangenen zwei Jahren enttäuschend gewachsen, nach 7,5 Prozent im Jahr 2010 haben die Behörden leider hart daran gearbeitet, um die Wirtschaft zu stoppen", kritisiert der Fondsmanager Will Landers, der beim weltweit größten Vermögensverwalter Blackrock einen Lateinamerika-Aktienfonds verwaltet.

Das haben die Anleger schmerzlich erfahren. In den vergangenen zwei Jahren hat der brasilianische Aktienmarkt knapp 15 Prozent seines Wertes eingebüßt, dazu kommen noch einmal zehn bis 15 Prozent Verlust von der gefallenen Währung. Der britische Economist hat in einem aktuellen Text vom Zusammenbruch des Vertrauens in die brasilianische Wirtschaft gesprochen, etwa weil es die Regierung verabsäumt, den Bürokratie-Dschungel für Investitionen zu lichten.

Auch Aktienfonds mit Brasilien-Fokus haben schwierige Jahre hinter sich. In den vergangenen fünf Jahren haben sie 1,8 Prozent im Schnitt verloren, pro Jahr. 2011 stand ein Minus von knapp 20 Prozent zu Buche, 2012 steht kurz vor dem Jahresende immer noch ein Minus in den Büchern, zeigen Daten von Lipper.

Nachzügler Brasilien

Plötzlich sind sie wieder da, die Ängste, dass Brasilien in die alten Wachstumsmuster zurückfallen könnte. Jahrzehntelang galt das größte Land Lateinamerikas als "Laggard", als Nachzügler. Dann haben die stark steigenden Rohstoffpreise dem Exporteur Brasilien höheres Wachstum beschert. Der ehemalige Präsident Brasiliens, Lula da Silva, konnte zudem die Früchte seiner politischen Reformen ernten. Als Brasilien zum Austragungsort der Olympischen Spiele 2016 ernannt wurde (2014 findet die Fußball-Weltmeisterschaft statt), war die politische Klasse euphorisch: Brasilien werde "zu einem Land erster Klasse" aufsteigen.

Doch nicht zuletzt der starke brasilianische Real (ein Segen für Investoren, ein Fluch für brasilianische Unternehmen) machte dem Land zu schaffen. Nun warnt etwa der Investmentstratege Hajime Kitano von JPMorgan vor einer tiefen Krise. Er rechnet für 2014 mit einer Währungskrise in Brasilien, weil der stark gestiegene Real die Wirtschaft abwürgt und eine der am stärksten überbewerteten Währungen der Welt sei.

Abhilfe versucht die brasilianische Zentralbank zu verschaffen. In 15 Monaten hat die brasilianische Zentralbank den Leitzins um 5,25 Prozentpunkte auf 7,25 Prozent gesenkt. Ihr Kalkül: Die niedrigen Zinsen sollen die Investitionen ansteigen lassen. Denn im Vergleich zum größten globalen Wirtschaftsmotor China war Brasilien stets viel stärker vom privaten Konsum getrieben, viel zu wenig aber von Investitionen in Infrastruktur oder neue Maschinen. Doch trotz der Zinssenkungen investieren die Unternehmen immer weniger. Zuletzt auf nur noch 18,7 Prozent der Wirtschaftsleistung, deutlich weniger als andere schneller wachsende Staaten in Lateinamerika oder Asien.

Das könnte sich in den kommenden Jahren ändern, hofft etwa das Brasilien-Team von Franklin Templeton um Frederico Sampaio. Das von der Regierung verabschiedete Investitionsprogramm über eine halbe Billion US-Dollar bis 2014 berge "enormes Wachstumspotenzial", ebenso wie die Veranstaltung der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 und der Olympischen Spiele 2016.

Doch trotz des langfristigen Potenzials bleibe Brasilien von internationalen Kapitalflüssen abhängig, warnt etwa Fondsmanager Landers. Fürchten sich die Anleger, werden sie also ihr Geld auch aus Brasilien abziehen: "Brasilien ist noch immer ein sehr riskanter Markt, also leiden brasilianische Anlagen mehr, wenn es wieder eine Periode von fallendem Risikoappetit gibt." (Lukas Sustala, 17.12.2012)