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Der Schiefergasboom in den USA hat die Energiepreise in den Keller getrieben und eine Re-Industrialisierung angestoßen, die von Unternehmen aus der Petrochemie angeführt wird. Foto: dapd

Foto: AP/Orlin Wagner

Schiefergas, billig produziert und in Unmengen vorhanden, ist das Mittel, das energieintensive Firmen nun in die USA treibt. Deindustrialisierung war einmal, jetzt ist eine Re-Industrialisierung im Gang. Da passen Pläne der Voest für ein Werk in Übersee perfekt dazu.

 

Wien - Die USA waren als Industrieland schon abgeschrieben. Jetzt melden sie sich umso lauter zurück. "Die tiefen Gaspreise dort sind der Hauptgrund, warum es in den USA eine Re-Industrialisierungswelle gibt", sagte der Vice President der Managementberatung A. T. Kearney, Kurt Oswald, im Gespräch mit dem Standard.

Von Voestalpine sind Pläne für ein US-Werk bekannt geworden. In diesem soll mithilfe von Erdgas Roherz in hochwertiges Eisenkonzentrat als Ausgangsmaterial für die Stahlproduktion verarbeitet werden. Obwohl man in Linz dazu noch nichts sagen will, können Beobachter den Schritt durchaus nachvollziehen. Der Switch von Kohle zu billigem Erdgas bringe dem Unternehmen Kostenvorteile, verbessere seine CO2-Bilanz und stärke die Standorte Linz und Donawitz.

Neben Voestalpine überlegen auch andere Unternehmen den Schritt über den großen Teich. Manche sind mit den Überlegungen schon weiter. So hat sich etwa Shell um 4,7 Mrd. Dollar Land im US-Bundesstaat Pennsylvania gesichert, in dessen Tiefen reiche Gasvorkommen vermutet werden.

Milliarden-Investitionen

Die will der niederländisch-britische Konzern zum Betrieb eines Crackers nutzen, den man als Spiegelbild einer bereits bestehenden Anlage in Singapur nun in den USA errichten möchte. Voraussichtliche Kosten: rund eine Mrd. Dollar. Es wäre der erste Cracker, der in den USA seit 2001 gebaut wird.

Rund vier Mrd. Dollar will Dow Chemical an der US-Golfküste investieren - und nennt ebenfalls die niedrigen Gaspreise als Grund.

"Die Rückkehr der Industrie in die USA wird von energieintensiven Branchen wie Chemie, Petrochemie und Aluminium angeführt", sagt Experte Oswald.

Für den Preissturz verantwortlich sind Unmengen an Gas, die durch Aufspaltung von Schiefergestein mittels eingepresstem Wasser und Chemie (Fracking) auf den US-Markt gekommen sind. Der Preis sackte von mehr als 13 Dollar je Mio. BTU (Maßeinheit für Gas; 1 Mio. BTU entspricht 26, 4 m3 Gas) im Jahr 2008 in kurzer Zeit auf weniger als zwei Dollar ab. Derzeit kostet Gas in den USA 2,5 bis 3,0 Dollar je BTU.

Das schmerzt vor allem die Industrie in Europa, die sich im Schnitt mit rund viermal so hohen Gaspreisen konfrontiert sieht. Selbst China bekommt zunehmend Probleme, mit den USA preislich mithalten zu können.

A. T. Kearney geht in einer Analyse davon aus, dass sich die tiefen Gaspreise in den USA langfristig nicht halten lassen und aufgrund stark steigender Nachfrage wohl in Richtung fünf bis sechs Dollar marschieren werden.

Voestalpine will diesen Mittwoch bekanntgeben, wohin die Reise in den nächsten Jahren gehen wird; die USA dürften dabei ein Fixziel sein. (Günther Strobl, DER STANDARD, 18.12.2012)