Der frühere Bawag-Chef Helmut Elsner übte am Dienstag via Anwalt scharfe Kritik an den Urteilen im zweiten Bawag-Prozess. Elsner sei "schockiert", sagte dessen Rechtsvertreter Andreas Stranzinger. Auch der zweite Rechtsgang sei "völlig mangelhaft" gewesen und man wisse noch immer nicht, "was tatsächlich mit den Geldern passiert ist".

Die Argumentation von Richter Christian Böhm, bei den Angeklagten habe der Schädigungsvorsatz gefehlt, hätte auch für seinen Mandanten und dessen Nachfolger an der Bankspitze, Johann Zwettler, gelten müssen. Stranzinger: "Wenn Flöttl nicht wusste, was mit dem Geld passierte, wenn Flöttl nicht wusste, wie riskant die getätigten Investitionen sind, er als Experte und als Investmentbanker, wie sollte es Elsner wissen?" Die Urteile gegen Elsner und Zwettler aus dem ersten Prozess sind freilich längst rechtskräftig.

Gleichzeitig meinte der Elsner-Anwalt, das neue Urteil könnte ein " beängstigendes Präjudiz" für die Zukunft darstellen: "Dieses Urteil ist eine Bedienungsanleitung für sämtliche Vorstände und Aufsichtsräte in Österreich." Man komme "locker bei jedem Strafrichter vorbei, wenn ein Untreueverdacht im Raum steht, wenn sie sagen: Mangels Sach- und Fachwissen kann ich das nicht beurteilen, deshalb trifft mich auch keine subjektive Tatseite".

Ex-Bankchef noch immer in Bayern

Für den tatsächlichen Verbleib der verspekulierten Gelder habe sich keiner interessiert, kritisierte Stranzinger. "Wir werden weiter kämpfen, wir werden die Möglichkeit der Wiederaufnahme ergreifen."

Auch Elsners Frau Ruth kündigte an, ihr Mann wolle weiter beweisen, dass Flöttl die Bawag betrogen habe und die Millionen nicht verspekuliert worden seien. Helmut Elsner hält sich laut seiner Frau noch immer in Bayern auf und unterzieht sich dort einer Cortison-Behandlung. Derzeit befinde er sich nicht im Spital, müsse aber nach den Feiertagen wieder zu Untersuchungen ins Krankenhaus. Der 77-Jährige sei "chronisch krank", so seine Gattin.

Im zweiten Prozess war der frühere Bankchef unter Hinweis auf seine gesundheitlichen Probleme nie erschienen. Die Subsidiarklage der Bawag gegen ihn wurde daraufhin ausgeschieden. Zuletzt leitete das Gericht ein Verfahren zur Entziehung von Elsners Reisepass und Personalausweis ein, um diesem Auslandsreisen zu verunmöglichen. (red, DER STANDARD, 19.12.2012)