Khin Maung Win sitzt aufrecht im Stuhl. Den Rücken hat er durchgedrückt. Neonleuchten tauchen den klimatisierten Raum in dem Bürogebäude in ein grelles Licht. Eine Journalistin vom staatlichen Fernsehsender Myanmar International hält Khin Maung Win eine Mikrofon direkt vor den Mund. Die Reporterin möchte Gelassenheit ausstrahlen. Dabei ist gar nichts entspannt an diesem Interview in Burmas größter Stadt Rangun.

Khin Maung Win ist nicht irgendein Gesprächspartner, sondern stellvertretender Chefredakteur des Exilsenders "Democratic Voice of Burma" (DVB) - ein Sender, den Myanmar International über Jahre als Feind des Landes bezeichnet hatte. Das ist vorbei. Nach fast 50 Jahren unter Militärherrschaft hat die neue Zivilregierung seit März 2011 viele Reformen angestoßen. Der ehemalige Dissident Khin Maung Win ist plötzlich gern gesehener Berater der Staatsmedien.

Die Journalistin fragt nach der Zukunft Burmas und nach dem Wandel im Land. Sie rattert ihre Fragen runter und steht nach dem Gespräch etwas unsicher neben Khin Maung Win, während ihr Kameramann die Technik zusammenpackt. "Wir sind jetzt Brüder und Schwestern." Eine wirkliche Feindschaft sei das doch gar nicht gewesen, sagt sie. Ob Khin Maung Win auch Moderator bei Myanmar International werden könnte? "Das müssen die Vorgesetzten entscheiden", sagt sie, während sie immer wieder ihr Oberteil glatt streicht. Sie müsse jetzt auch zum nächsten Termin.

"Das war das erste Fernseh-Interview zwischen DVB und dem Staatsfernsehen", sagt Khin Maung Win. Der kleine Mann mit dem rundlichen Gesicht und den kurzen, schwarzen Haaren knetet sich seine Hände. 1988 hatte er sich am Studentenaufstand beteiligt und war in den Dschungel geflüchtet, als einige seiner Kommilitonen vom Militärregime verhaftet und getötet wurden. Nach Jahren im Dschungel floh er aus dem Land und baute mit anderen Dissidenten in Norwegen den Exilsender DVB auf. 1992 startete das Radioprogramm und 2005 kam auch Fernsehen hinzu.

Nach dem Ende der Jahrzehnte dauernden Militärdiktatur will die Regierung unter Präsident Thein Sein auch das Mediensystem reformieren. Überall in der Welt holt sie sich Anregungen, wie der staatliche Rundfunk und die staatlichen Zeitungen ungewandelt werden können. "Wir wollen unabhängigen Journalismus", kündigte der stellvertretende Informationsminister Ye Htut im November in der Hauptstadt Naypyidaw an.

Im Dezember reiste der Minister mit einer Delegation nach Deutschland, um sich auch in der Bundesrepublik Anregungen für ein neues System für die Staatsmedien zu holen. An die öffentlich-rechtlichen Sender könne es angelehnt sein, aber eine Rundfunkgebühr sei unrealistisch in seinem Land, sagte Ye Htut. Vorerst werde der Staat die Staatsmedien weiter finanzieren.

Ex-Dissident Khin Maung Win betont: "Ich habe ein Vierteljahrhundert gegen das Regime gekämpft. Auch in die neue Regierung hatte ich kein Vertrauen." Schließlich kämen weiterhin viele Regierungsvertreter vom Militär. Aber dann seien wirklich Reformen angestoßen worden. "Ich glaube wirklich, dass dies ein echter Wandel ist."

Aber noch liege viel Arbeit vor der Regierung. Die Angestellten bei den Staatsmedien seien keine Journalisten. "Das sind clevere Leute, aber sie sind Opfer des Systems." Sie hätten nie gelernt, was einen Journalisten ausmache. Und es sei nicht klar, ob auch in Zukunft alle Angestellten bei den Staatsmedien dauerhaft ihren Job behalten können - auch wenn die Regierung zunächst betont hatte, dass es keine Entlassungen geben soll. (APA, 20.12.2012)