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Tapie am Donnerstag in Nizza.

Foto: REUTERS/Eric Gaillard

Der Mann mit den sieben Leben ist zurück: Anfang Dezember hatte Bernard Tapie noch mit der Hand auf der Brust erklärt, er ziehe sich aus dem Bieterwettbewerb um einige der größten französischen Regionalzeitungen "definitiv" zurück. Dessen ungeachtet übernimmt er jetzt die Kontrolle über das umkämpfte Medien-Arsenal: Für einen Kaufpreis von insgesamt 50,5 Millionen Euro erhält Tapie zwei Drittel der Anteile und der verbündete Medienkonzern Hersant ein Drittel. Auf der Strecke bleibt unter anderem der belgische Interessent Rossel.

Tapie erhält damit die mediale Kontrolle über den französischen Süden: La Provence herrscht über das Gebiet um Marseille, Nice-Matin und Var-Matin decken die Region um die Côte d'Azur ab. Dazu kommen Corse-Matin und als Relikt des Hersant-Imperiums ein paar weitere Blätter in den französischen Antillen.

Niemand zweifelt daran, dass Tapie mit seinem neuesten Coup die große Rückkehr in die Politik anpeilt und zum Sprung in das Rathaus von Marseille ansetzt: Der 69-jährige, aber bedeutend jünger aussehende, Selfmade-Manager und Politiker will schon 2014 Bürgermeister der Hafenstadt werden.

Dass Tapie politische Ambitionen hegt, machten am Donnerstag dann auch die zahlreichen Reaktionen klar: Die bürgerliche Rechte wundert sich über das Comeback eines einstigen "Sarkozysten"; in der politischen Mitte, zu der Tapie formell gehört, schienen etliche Spitzenpolitiker überrumpelt. Die regierenden Sozialisten wünschen ihrerseits Auskunft über den wenig transparenten Mediendeal und fragen, woher Tapie überhaupt das Geld habe.

Die Antwort lautet: vom Steuerzahler. Tapie hatte als Firmensanierer Milliarden umgesetzt und mit dem Fußballklub Olympique Marseille (OM) 1993 die Champions League gewonnen; unter Staatspräsident François Mitterrand wurde er Minister für Banlieue-Fragen und schaffte es mit seiner polternden Art als Einziger, den Rechtsextremisten Jean-Marie Le Pen in einer TV-Sendung zum Schweigen zu bringen.

Tiefer Fall Ende der 1990er

Ende der 1990er-Jahre sank dann sein Stern so schnell wie sein Vermögensstand, als er den Sportartikelhersteller Adidas verkaufen musste. Wegen eines Bestechungsskandals bei OM verbrachte er sogar zehn Monate in Haft. Tapie versuchte es danach als Schriftsteller, Schauspieler, Sänger und sogar als Fernsehmoderator - richtigen Erfolg hatte er aber erst mit seiner Gerichtsklage gegen die ehemalige Staatsbank Crédit Lyonnais, die ihn beim Adidas-Verkauf geprellt haben soll: Mit Billigung von höchster Stelle - wahrscheinlich durch Präsident Nicolas Sarkozy, der Tapie auf seine Seite ziehen wollte - sprach die öffentliche Hand dem abgehalfterten Multiperformer kurzerhand 285 Millionen Euro Schadenersatz zu.

Nutznießer war aber nicht Sarkozy, sondern Tapie selbst: Mit dem Steuergeld kauft er sich nun ein Gutteil der französischen Presselandschaft zusammen. Von Marseille aus möchte er nun zweifellos Revanche für alle Unbill nehmen, die ihm in seiner langen Karriere von allen politischen Seiten widerfahren ist.

In Paris mochte sich zuletzt freilich niemand richtig über Tapies Comeback freuen. (Stefan Brändle, DER STANDARD, 21.12.2012)