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Bisher musste sich Jeb Bush (rechts, hinter US-Präsident Barack Obama) stets mit einem Platz in der zweiten Reihe begnügen. 2016 könnte aber seine Chance kommen: Er möchte als Dritter der Bush-Dynastie US-Präsident werden.

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Als Jeb Bush vor Jahren gefragt wurde, ob er denn fürs Weiße Haus kandidiere, antwortete er noch mit einem Scherz: "Das ist wie mit diesen Leuten, die auf Außerirdische aus dem Weltall warten. Ich denke überhaupt nicht darüber nach."

Damals ging es ums Duell des Herbstes 2008, bei dem die Republikaner, wie sich bald zeigte, mit John McCain auf verlorenem Posten standen. Jebs präsidialer Bruder hatte ihren Ruf weitgehend lädiert, wobei sich die Hybris des Irakkrieges mit der Inkompetenz der Hurrikanhilfe nach Katrina und dem rasanten Anwachsen staatlicher Schuldenberge mischte. Schlechte Karten also für den "großen kleinen Bruder", wie George W. Bush den Jüngeren nennt, der ihn um gut einen halben Kopf überragt. 2012 hielt sich der kleine Bruder völlig im Hintergrund, für 2016 aber rechnet man fest mit einer Bewerbung. Der Mann, der fließend Spanisch spricht und von sich sagt, dass er die Hispanics versteht, soll die Grand Old Party aus der Sackgasse führen.

Die hat nur dann noch eine Chance an den Wahlurnen, wenn sie die hispanischen US-Amerikaner, die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe, nicht länger wie geduldete Fremdkörper behandelt. Sonst wäre absehbar, dass auch ein Schwergewicht wie Texas, momentan noch eine feste republikanische Bank, ins demokratische Lager wechselt. Die neuen Königsmacher stammen zu zwei Dritteln aus Mexiko, und John Ellis "Jeb" Bush ist mit einer Mexikanerin verheiratet.

Nur: Würde Amerika einen Bush schon wieder verkraften? Theoretisch heißt es ja immer, die Republik halte nichts von politischen Dynastien, die immer ein wenig an die Königshäuser und Adelsfamilien Europas denken lassen. In der Praxis freilich haben Vertreter solcher Dynastien nicht die allerschlechtesten Wahlchancen. Hillary Clinton zehrte vom Ruhm ihres Gatten Bill, als sie Senatorin, Präsidentschaftsbewerberin und schließlich Außenministerin wurde. George W. Bush konnte sich auf die Kontakte seines bestens vernetzten Vaters George H. W. verlassen. Jeb wiederum galt eine Weile als der begabteste Bush seiner Generation, schon deshalb, weil er die englische Sprache nicht so malträtierte wie sein großer Bruder.

Nie so burschikos wie George

Im Unterschied zu "Dubya" gab sich Jeb nie als burschikoser Texaner. Als Austauschstudent in der mexikanischen Stadt Leon traf er Columba Garnica Gallo, die er mit 21 heiratete. Lange schien er im Wettlauf der Brüder die Nase vorn zu haben, zumal George W. dem Alkohol lange allzu kräftig zusprach. Die familiäre Hackordnung änderte sich erst, als Jeb die Wahl zum Gouverneur Floridas verlor und dafür George W. in Texas gewann.

So richtig kann heute niemand einschätzen, woran man bei Bush III. wäre. Für die einen steht Jeb für den Marsch der Konservativen zurück in die politische Mitte. Andere sehen in ihm eher einen kalten Sanierer, der sich geschickt tarnt hinter konzilianter Rhetorik. Zumindest lässt sich nicht behaupten, dass er die Lage der Nation in rosiges Licht taucht.

Im Gegenteil: Erst im November warnte er - in Florida zum Schulreformer geworden - auf einem Bildungsgipfel vor dem Abstieg einer Gesellschaft mit immer geringeren Aufstiegschancen. 43 Prozent aller in Armut geborenen US-Bürger, beklagte Jeb Bush, würden arm bleiben und nur vier Prozent den Sprung ins oberste Fünftel der Einkommenspyramide schaffen - und das in Amerika, das sich einst rühmte, sozial das mobilste Land der Erde zu sein. "Wo bleibt der Aufschrei? Wo bleibt die Scham?" (Frank Herrmann, DER STANDARD, 22.12.2012)