Bild nicht mehr verfügbar.

Stimmenzählen nach dem Verfassungs- referendum: Das endgültige Ergebnis steht noch aus, der Ausgang steht dennoch fest: ein Ja zur Verfassung.

Foto: REUTERS/Stringer

Bild nicht mehr verfügbar.

Kein Platz mehr für Vizepräsident Mekki.

Foto: REUTERS/Egyptian Presidency/Handout/

Mit einer Zustimmung von 64 Prozent zu ihrem Verfassungstext gehen Ägyptens Islamisten gestärkt aus der jüngsten politischen Auseinandersetzung hervor. Einziger Schönheitsfehler ist die niedrige Stimmbeteiligung von 32 Prozent. Mit der Annahme der ersten Verfassung nach dem Sturz des Mubarak-Regimes ist der Weg frei für Neuwahlen Anfang 2013.

Die Muslimbrüder sprachen von einer historischen Gelegenheit, die nationalen Kräfte zu vereinen und in einem ernsthaften nationalen Dialog das Land zu stabilisieren und die demokratischen Institutionen zu vervollständigen.

Die Nationale Rettungsfront (NRF), das größte Oppositionsbündnis, kritisierte am Sonntag, wie schon vor einer Woche, eine große Zahl von Unregelmäßigkeiten im Ablauf des Referendums und verlangte von der Wahlkommission, dass sie diesen Vorwürfen nachgehe. Man werde auf friedlicher Basis weiterhin gegen diese unrechtmäßige Verfassung kämpfen, erklärte NRF-Mitglied George Isaac. Aber auch eigene Zählungen der Opposition hatten das Resultat bestätigt. Auf dem Tahrir-Platz in Kairo herrsche derzeit Ruhe vor dem Sturm, warnte ein anderes NRF-Führungsmitglied.

Niedrige Wahlbeteiligung

Die offiziellen Resultate der Wahlkommission wurden am Dienstag verkündet. In der zweiten Abstimmungsrunde am Samstag, die in 17 Provinzen durchgeführt wurde, stimmten mehr als 71 Prozent der Teilnehmer mit Ja. Eine ägyptische Zeitung sprach von einem "ereignisarmen Tag". Beobachter meldeten wieder eine größere Zahl von Regelverstößen. Nur in der Delta-Provinz Menufiya wurde das neue Grundgesetz knapp verworfen. Damit haben nur drei von 27 Provinzen Ägyptens den Entwurf abgelehnt, neben Minufiya Kairo und Gharbiya im ersten Durchgang.

Überraschend hatte am Samstag auch Vizepräsident Mahmoud Mekki seinen Rücktritt eingereicht. In seinem Schreiben verhehlte der Reformjurist seine Unzufriedenheit mit der politischen Entwicklung nicht. Mekki war die Schlüsselfigur im nationalen Dialog, der nach Inkrafttreten der neuen Verfassung fortgesetzt werden soll. In dieser Verfassung ist kein Vizepräsident mehr vorgesehen. Die Muslimbrüder sprechen deshalb von einem verantwortungsbewussten Schritt Mekkis.

Politische Kommentatoren, auch Sympathisanten der Islamisten, sehen dagegen eine Konfusion im Präsidialamt, nachdem am Samstag das staatliche Fernsehen auch angekündigt hatte, der angesehene Chef der Nationalbank habe das Handtuch geworfen, was dieser am Sonntag verneinte.

Bis ein neues Parlament gewählt ist, wird die Schura, die zweite Parlamentskammer, die gesetzgeberischen Funktionen wahrnehmen, die seit der gerichtlichen Auflösung der ersten Kammer der Präsident innehatte. Morsi hat am Sonntag eine Liste mit 90 Namen veröffentlicht: Es ist das Drittel der Mitglieder der Schura, die vom Präsidenten ernannt werden. Darunter sind acht Frauen und zwölf koptische Christen. Dutzende Linke und Liberale haben das Angebot des Präsidenten ausgeschlagen. Das bedeutet, dass die Mitglieder der wichtigsten Oppositionsparteien, die im aufgelösten Parlament noch vertreten waren, in der Schura nicht repräsentiert sein werden. (Astrid Frefel, DER STANDARD, 24./25./26.2012)