Grafik: DER STANDARD

Was im deutschen Sprachraum die Umsatzsteuer ist den Spaniern die Impuesto al Valor Agregado (IVA, Mehrwertsteuer). Und diese sorgt derzeit auf dem nationalen Kunstmarkt für Unmut. Bis vor kurzem galt ein reduzierter Satz von acht Prozent, den Kunstschaffende auf den Nettowert ihrer Werke aufzuschlagen hatten. Galeristen oder Händler entrichteten beim anschließenden Verkauf 18 Prozent, womit deren effektive Steuerlast bei 13 Prozent und damit im Durchschnitt der in Europa üblichen Gepflogenheiten lag.

Mit September 2012 wurde der Steuersatz für bildende Kunst, Antiquitäten und Sammlerobjekte jedoch von acht Prozent auf 21 Prozent angehoben. Nach einer krisenbedingten Entschleunigung nach den Boomjahren (2002 bis 2007), als das Marktvolumen um 200 Prozent stieg, tönt es seitens der Galerien, Aktionshäuser, Kunsthändler und Künstler nun mehr Oje als dereinst noch Olé.

Der Todesstoß gegen einen maroden Markt? "Die EU fordert ein, weit weniger Güter mit reduzierten Steuersätzen zu belegen" , rechtfertigt der konservative Kulturminister José Ignacio Wert die Erhöhung, womit er schon im kommenden Jahr insgesamt an die acht Milliarden Euro mehr in die Staatskassen bekommen möchte.

Nun gilt ein einheitlicher Steuersatz für die gesamte Kulturindustrie. Damit liegt Spanien (siehe Grafik links) europaweit im Spitzenfeld, während bei EU-Partnern teils niedrigere Sätze üblich sind oder nur Margen besteuert werden.

Mehr Steuer weniger Kunst

Die Anhebung, kritisiert "Art Barcelona"-Präsident Duran Baste, sei ein krasser Fehler, die erwarteten Mehreinnahmen würden nicht erreicht, eher das Gegenteil: "Nach dem Rückgang der Branchenumsätze seit 2007 von etwa 60 Prozent", sei "knapp ein Fünftel der Galerien akut vom Konkurs bedroht", ist der Initiator der Protestkampagne +IVA - Creación (dt. mehr MWSt., weniger Kunstschaffen) überzeugt.

Dazu ist Iberiens Kunstmarkt alles andere als resistent: Während der Umsatz zuletzt weltweit um sieben Prozent stieg, sackte der Spaniens um fünf Prozent ab, wie eine aktuelle Studie ("Kunst und Mäzenatentum", Bank LaCaixa & Arteconomics) belegt. Auf etwa 300 Millionen Euro belief sich der für Spanien bezifferte Umsatz mit Kunst, mehr als 42 Prozent oder 128 Millionen davon flossen über unterschiedliche Abgaben (u. a. Mehrwert-, Körperschafts-, Importsteuern) an den Fiskus.

Einen ersten Stimmungstest brachte diese Branche mit der Kunst- und Antiquitätenmesse Feriarte (Madrid) im November hinter sich. Die Bilanz: Gegenüber dem Vorjahr sanken die Verkäufe im Messezeitraum um 13,8 Prozent. Angesichts der bevorstehenden Arco (13.-17. 2. 2013) übt sich Veranstalter Luis Eduardo Cortés in Zweckoptimismus, "gute Werke", meint er, "werden Sammler auch höher besteuert erwerben".

"Oder sie kaufen, wie schon jetzt, kostengünstiger im EU-Ausland", bringt Galerist Luis Valverde Espejo die Befürchtungen der Branche auf den Punkt. Er werde ("ohne Vorfreude") mit einer kleineren Präsentation an der Arco teilnehmen und hofft, mit Rabatten Käufer erfolgreich zu ködern.

Valverde, der den Rücktritt von Kulturminister Wert fordert, hält dank der positiven Wachstumsprognosen für die Märkte USA und Lateinamerika durch. Und, er zieht in Erwägung, seinen steuerlichen Hauptsitz in einen anderen EU-Staat zu verlegen, um so die Messeumsätze künftig am spanischen Fiskus vorbeizuschleusen: "Dann sind wir eben ein halbes Jahr im Ausland", erklärt er lapidar. Selbiges droht auch der Verband der Galerien Zeitgenössischer Kunst. Dessen Präsident Moisés Pérez de Albéniz war mit dem Appell um eine Arco-Ausnahmeregelung, die eine "Chancengleichheit mit Galerien aus anderen EU-Staaten" gewährt, im Kultur- und Finanzministerium auf taube Ohren gestoßen.     (Jan Marot, Album, DER STANDARD, 29./30.12.2012)