Es gibt Grundskepsis nach außen, Optimismus nach innen. Reinhart Nagel.

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Führungskräfte in Österreich und Deutschland haben aus der Krise 2008/2009 einige Lehren gezogen - und sind auf eine weitere Verschärfung der aktuellen wirtschaftlichen Situation in den kommenden zwölf Monaten vorbereitet, strukturell und mental. So zumindest grob die Ergebnisse einer aktuellen Studie des systemischen Beraters osb-i.

In Österreich sind 50 Prozent der insgesamt 600 Führungskräfte (und 1500 Mitarbeiter), die in österreichischen und deutschen Unternehmen befragt wurden, dieser Ansicht. Mehr als die Hälfte der Führungskräfte sehen das eigene Unternehmen aber gut aufgestellt - "gute wirtschaftliche und strategische Positionierung" oder "gutes Krisenmanagement und laufendes Monitoring" werden dafür ebenso als Gründe genannt wie "Personalabbau und Flexibilisierung der Arbeitszeiten sowie -regelungen". Reicht das?

"Was im Augenblick gesagt werden kann, ist, dass viele Unternehmen ihre ' Hausaufgaben' getan haben. Da ist bereits vieles schon im Zuge der ersten Krise 2008/2009 geschehen", sagt Reinhart Nagel, Geschäftsführer der osb in Wien. "Ob sich hinsichtlich der präventiven Aktivitäten, wie etwa verstärkten Investitionen in Forschung & Entwicklung oder einer Verstärkung der Kundenbetreuung genug tut, ist bei mir noch als Frage offen. Im Verhältnis zu den reaktiven Bremsaktionen stellt sich bei mir die Frage, ob die Balance zu den präventiven Maßnahmen 'on the long run' stimmt", so Nagel weiter.

"Werden wir hinkriegen"

Das bemerkenswerteste Ergebnis der aktuellen Untersuchung sieht Nagel aber am Feld der Entscheidungsfindung: Dort ist das Vertrauen bzw. die Orientierung an der Meinung des Top-Managements "sehr überschaubar", sagt er. Nur jede zehnte Führungskraft gibt was auf die Meinung und Einschätzung der ganz obersten Etagen. Nagel: "Die Vertrauensressourcen sind stark erodiert, möglicherweise hängt das auch mit den Costcutting-Aktivitäten zusammen. Aber ganz bestimmt auch mit der Entkoppelung der Einkommen an der Spitze von jenen des 'normalen' Managements."

Eine Beobachtung, die man nicht nur gesamtgesellschaftlich, sondern selbstredend auch in Unternehmen beobachten kann - je nach Größenordnung stärker bzw. weniger stark. Nicht zuletzt mag auch darin der Grund liegen, warum Führungskräfte bei ihren Entscheidungen stärker auf ihre Intuition vertrauen, was überraschend deutlich aus den Ergebnissen der Untersuchung heraus zu lesen ist.

"Dass das so ist, wundert mich nicht. Dass es aber so explizit ausgesprochen werden darf, das ist für mich schon erstaunlich", so Nagel weiter. Vielleicht ist es die Konsequenz aus Vorangegangenem, sagt er. " Man ist auf sich selbst zurückgeworfen, man glaubt vieles nicht mehr und diejenigen, die bis jetzt nicht untergegangen sind, vertrauen stärker in sich und ihre Fähigkeiten. Das, was wir tun, wurde noch nie so existenziell infrage gestellt wie jetzt - mir selbst und vielen meiner Generation jedenfalls ist es so ergangen. Aber letztlich kann auch aus schwierigen Situationen Zuversicht erwachsen. Ein Gefühl, das einem sagt, man wird das schon hinkriegen.

Optimismus nach innen

Trotz der eher als düster zu bezeichnenden Lage aber, schrammt der Optimismus der befragten Führungskräfte nicht ganz an die Nulllinie: Ein knappes Drittel der deutschen sowie ein Fünftel der befragten österreichischen Manager sieht die nächsten zwölf Monate wirtschaftlich erfolgreicher werden als bisher. Warum?

Optimismus, der ein Stück weit auch aus dem Vertrauen in die Stärken des eigenen Unternehmens selber und auch aus dem Vertrauen in die eigene Handlungsfähigkeit wie jener der Kollegen resultiert, sagt Reinhart Nagel. Und: "Es ist eine durchaus bemerkenswerte Unterscheidung - zwischen der Grundskepsis nach außen und einem vergleichsweise stärkeren Optimismus nach innen." (Heidi Aichinger, DER STANDARD, 29./30.12.2012)