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Anton Innauer (links) war Vorgänger und Vorgesetzter von Alexander Pointner. Er hat sich beim Nachfolger schlaugemacht.

Foto: APA/Gindl

Oberstdorf/Wien - Anton Innauer wird einen Haufen "alter Bekannter" treffen. Zunächst in Oberstdorf, anschließend in Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und in Bischofshofen. Das ist äußerst nett, jahrzehntelang war er Teil der Partie, sogar ein wesentlicher. Man kennt und schätzt einander.

Es ist nicht so, dass dem 54-Jährigen einmal im Jahr, in den Tagen der Vierschanzentournee, die Sehnsucht überfällt und eine Art Heimweh gestillt werden muss. Nein, er hat vor der 60. Tournee ein Angebot des ZDF bekommen und angenommen, der ORF soll darüber nicht erfreut gewesen sein. Innauers Analysen und Kommentare haben den Deutschen gut gefallen, also spricht er während der 61. Auflage erneut zur Nation. "Der Aufwand ist überschaubar, ich kenne mich aus, habe den Sport mitgestaltet, bekomme Geld dafür. In aller Bescheidenheit, es ist halt so." Wobei er die Zuschauer nicht mit alten "Geschichten" quälen möchte. "Ich gebe mein erarbeitetes Fachwissen weiter."

Innauer hat im Vorfeld ausführliche Gespräche mit den Herren Alexander Pointner, Werner Schuster und Alexander Stöckl geführt, das sind die aktuellen Cheftrainer von Österreich, Deutschland und Norwegen. Es handelt sich um drei Landsleute, mit allen hat er einst gearbeitet, er war ihr Vorgesetzter. "Ich habe mir einen Überblick verschafft, mich auf den neuesten Stand gebracht. Die drei sind ein Beleg dafür, dass in Österreich eine Springerkultur geschaffen wurde, die international anerkannt wird." Der ÖSV ist zumindest in dieser Sparte seit rund 35 Jahren konsequent erfolgreich. "Es wurde eine Struktur erzeugt, in der Einzelne durchaus ersetzt werden können. Das Werkl läuft weiter, Siege wurden systematisiert." Baldur Preiml hatte einst das Fundament gelegt.

Innauer ist 2010 als Sportdirektor des ÖSV zurückgetreten, wurde Privatier, gründete die Firma innauer+(f)acts. Sie bietet Seminare und Vorträge an, die Buchungslage ist zufriedenstellend, ein beliebtes Thema lautet Gewinnen mit Augenmaß. "Ich bereue den Schritt überhaupt nicht. Ich strebe keine Funktion in einem Verband an. Da ist zu viel Routine dabei, ich will selbstständig sein."

Unerfüllter Wunsch

Innauer mag die Tournee nicht wirklich. "Weil ich sie gerne gewonnen hätte." 1975/76 war er knapp dran, als 17-Jähriger siegte er in Oberstdorf und Garmisch, im ersten Durchgang in Innsbruck ist er dann total abgestürzt. Der Erfolg in Bischofshofen war nur bedingt versöhnlich. Denn Jochen Danneberg aus der damaligen DDR holte die Gesamtwertung.

Bei der 61. Auflage erwartet der Unversöhnte einen Zweikampf zwischen Deutschland und Österreich. Mit dieser Einschätzung ist er quasi massentauglich, nicht sehr originell. "Es gibt leichte, aber entscheidende Vorteile für die Österreicher." Gregor Schlierenzauer und Andreas Kofler sollten sich den Spaß untereinander ausmachen. "Beide waren schon Gesamtsieger, sie wissen also, wie es geht."

Generell ortet Innauer eine fortschreitende Technokratisierung des Sports. "Das ist eine logische Entwicklung. Alles wird genau geplant, das Training, der Wettkampf, die Freizeit, der Umgang mit und in der Öffentlichkeit. Diese Entwicklung nimmt ein wenig den Zauber." Der Zufall werde ausgeschaltet. "Die Windregel war natürlich notwendig. Aber sie ging auf Kosten des Überraschungseffekts, die Abwechslung ist verschwunden. Es ist immer die Frage, was man will."

Den Sprungsport verfolgt er aus "angenehmer Distanz und ohne Betriebsblindheit". Im ZDF wird der Olympiasieger von 1980 sein Bestes geben. "Noch einmal. Ich habe keine Sehnsucht nach Öffentlichkeit. Aber ich habe ein Geschäft. Ich nütze die Chance, um zu zeigen, dass ich noch lebe. Und dass ich das Denken nicht verlernt habe." (Christian Hackl, DER STANDARD, 29./30.12.2012)