In der kommenden Volksbefragung wird es um nicht weniger gehen, als die folgende Frage: Sollen junge Männer weiterhin gezwungen werden, sechs oder neun Monate ihres Lebens für 300€ Entschädigung monatlich eine Arbeit zu verrichten, zu welcher sie gegen ihren Willen verpflichtet werden?

Diskriminierung eines Geschlechts

Fangen wir mit den schwächsten Argumenten an: Man hört in dieser Diskussion gerne Sprüche wie: „Das ist gut für die Kameradschaft" und: „Das bildet Disziplin." Unbewusst behaupten damit Leute, die mit solchen Sätzen ihre Befürwortung für die Wehrpflicht begründen, automatisch, dass Frauen undiszipliniert sind und keine Freundschaften haben. Immerhin mussten sie ja weder Wehrdienst noch Zivildienst hinter sich bringen. Ich bin sicher ich muss nicht weiter kommentieren, warum ich eine derartige Verteidigung der Wehrpflicht absurd finde. Das führt aber zu einem weiteren Punkt: Weshalb wird in einem Land, das angeblich die Menschenrechte beachtet, sowie für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung einsteht, eine solche Bevorzugung eines Geschlechts (das der Frau), in diesem Punkt so einfach hingenommen, ja sogar gefeiert? Welche Argumente gibt es denn, diesen Chauvinismus weiterhin aufrecht zu erhalten? Die Wehrpflicht verstößt unter anderem in diesem Punkt gegen Artikel 7 der Menschenrechtserklärung.

Stellen Sie sich vor, es wäre genau anders herum: Dass Männer nach ihrer schulischen Ausbildung sofort mit ihrem Studium oder ihrer Arbeit beginnen können, aber alle Frauen werden noch zu mehr als einem halben Jahr Arbeit gezwungen. Würde Frauen ein solcher Zustand der Dinge nicht verärgern? Würden sie nicht auch für eine Änderung dieser Diskriminierung kämpfen? Es wird ebenfalls gerne in dieser Debatte vom Katastrophenschutz gesprochen. Personen, die auf dieses altbekannte Argument zurückgreifen, versäumen es zwar, zu erklären, inwiefern das Tragen von Uniformen, das Schießen mit Gewehren oder das Fahren mit Panzern dazu beiträgt, bei Katastrophen hilfreich zu sein oder Lawinenopfer ausfindig zu machen, aber das ist nur ein Nebenschauplatz. Stattdessen ist für mich viel wichtiger zu kommentieren, dass wenn es mal zu sehr schweren Katastrophen kommt, wie beispielsweise die Überschwemmungen in Vorarlberg 2005, man sehr viele freiwillige Helfer und wenige bis gar keine Wehrdiener sieht. Die Hilfe des Heeres ist unauffällig. Menschen müssen nicht zur Hilfe bei Katastrophen gezwungen werden. Wir sind solidarisch genug, einander auch ohne einen Zwang des Staates zu helfen.

Einschränkungen der Freiheit

Spricht man sich gegen die Wehrpflicht aus, so fällt ein Satz auffällig oft: „Ja wieso stört dich die Wehrpflicht? Du kannst ja auch Zivildienst machen!" Was nichts weiter gleichkommt, als: „Du fühlst dich unter der Traufe nicht wohl? Na du kannst doch immer noch in den Regen gehen!" Nein! Das macht es um nichts besser. Der Staat forciert einen dennoch, eine Arbeit zu verrichten, die man freiwillig nicht machen würde. Derzeit ist es in Österreich so, dass wenn Sie männlich sind, und bei der Musterung für tauglich erklärt werden, Sie nach der Einberufung keine Erlaubnis mehr haben, Österreich zu verlassen, was gegen Artikel 13 der Menschenrechte verstößt. Sollten Sie nicht selbst beim Bundesheer erscheinen, so hat das Militär das Privileg, Sie gewaltsam in die Kaserne zu zwingen. Falls Sie sich dann weigern sollten, die Befehle der militärischen Autorität auszuführen, so kann man Sie zu bis zu zwei Jahren Haft verurteilen. Zum Vergleich: Dies ist eine härtere Bestrafung als für einen brutalen Schläger. Dieser wird für den Tatbestand der Körperverletzung, nach § 83 StGB nur zu einem Jahr Haft verurteilt. Ich bin und bleibe der festen Überzeugung, dass Österreich ein besseres Land wird, wenn wir die Zwangsarbeit, welche sich unter den Decknamen „Wehrpflicht" und „Zivildienst" versteckt, bei der kommenden Wahl abschaffen. (Leserkommentar, Alexander Kunze, derStandard.at, 04. 01. 2013)