In der Votivkirche ist kein Ende des Flüchtlings-Hungerstreiks in Sicht. Zumindest gegen die Kälte kämpfen seit Freitag mehrere Heizlüfter an. 

Foto: Cremer

Wien - Der Hungerstreik gehe weiter, "bis es eine Lösung gibt", sagt Khan Adalat. Seit 14 Tagen harrt der 47-jährige Mann aus Pakistan mit rund 40 Mitstreitern auf dem Matratzenlager in der kalten Wiener Votivkirche aus - seit Freitag mit einer kleinen Erleichterung in Gestalt von Heizlüftern, die jedoch, so Caritas-Sprecherin Ulrike Fleschhut, "in der Kirche immer wieder die Sicherungen fliegen lassen".

Worin konkret die "Lösung" liege, die die 40 Männer ihre auf die Dauer gesundheitsschädliche Nahrungsverweigerung beenden lassen würde, erläuterte Adalat, der unter den protestierenden Flüchtlingen so etwas wie ein Sprecher ist, Freitagmittag nicht. Innerhalb der Flüchtlingsgruppe werde es dazu weitere "Gespräche geben".

Am Donnerstag, bei der Pressekonferenz nach dem Gespräch mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hatten Adalat und andere auf die Forderungen-Liste der Protestierenden hingewiesen. Neben tiefgreifenden Reformvorschlägen für das Asylsystem auf dieser ganz weit oben: das Recht für alle, zu bleiben, denn ein Teil der Protestierenden hat nach rechtskräftig negativen Asylbescheiden den Auftrag, das Land zu verlassen.

Zornig, ja wütend

"Gefordert wird die Chance auf ein lebenswertes Leben in Österreich oder aber die Löschung der Fingerabdrücke aus dem Eurodac-System, um in anderen europäischen Ländern Möglichkeiten zu haben", führt ein Unterstützer aus, der in der Berichterstattung anonym bleiben will. Dass zumindest Teil zwei des Begehrs unmöglich in Österreich bewerkstelligt werden kann - das Eurodac-System funktioniert EU-weit - ist ihm, wie er sagt, jedoch klar.

Zornig, ja wütend, ist besagter Unterstützer von der Plattform Familien und Freundinnen gegen Abschiebung auf Repräsentanten und Sprecher der Caritas wie Klaus Schwertner, die sich in den vergangenen Tagen zu Wort gemeldet haben. Diese würden ein "zynisches Spiel" betreiben, es gehe ihnen um Gesichtswahrung, während sie in Wirklichkeit versuchten, "die Protestierenden aus der Kirche zu bekommen".

Schwertner: Kein Durststreik

Das bestreitet Schwertner vehement: "Die Flüchtlinge können bleiben". Er widerspricht auch Berichten, wonach sich einige der Flüchtlinge auch in Durststreik befänden. Unrichtig sei ebenfalls, dass - ein am Freitag kursierendes Gerücht - ein durststreikender Flüchtling schon seit zwei Tagen in Spitalsbehandlung sei.

Letzteres dementiert auch der Flüchtlingssprecher Adalat: "Wir alle trinken, manche vielleicht zu wenig". Der Caritas stellt er ein gutes Zeugnis aus: "Sie sorgt für unsere Sicherheit in der Kirche".

Tatsächlich ist es die Caritas, die sich, zusammen mit Ärzten der Johanniter, vor Ort um die Betreuung der Hungerstreikenden kümmert. Viele Studierende und Pensionisten helfen dabei mit.

Politisch unterstützt werden die Flüchtlinge in erster Linie von der Plattform Familien und Freunde gegen Abschiebung: einem Zusammenschluss von NGOs und linken Gruppierungen etwa Amnesty, SOS Mitmensch sowie etwa auch die trotzkistische Sozialistische Linkspartei (SLP). Letztere hatte 2010 erfolgreich die Abschiebung Ousmane C's, eines Studentenführers aus Guinea, bekämpft. Der Protest in Wien ist zudem international mit ähnlichen Refugee-Protesten in anderen europäischen Städten vernetzt. (Irene Brickner, DER STANDARD, 5./6.1.2013)