Mammografie und Tomosynthese werden an diesem Apparat gemeinsam durchgeführt.

Foto: derStandard.at/tinsobin

Maximal ein wenig unangenehm, aber keineswegs schmerzhaft: Das Einklemmen der Brust zwischen den Platten.

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Alexandra Resch, Röntgenologin und Leiterin des Diagnosezentrums Margareten, ordnet auf dem Schaukasten die alten, nichtdigitalen Mammografiebilder an.

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Befundung am Monitor: Die Thomosynthese-Bilder lassen sich mittels Mauscursor wie ein Film millimeterweise abspielen.

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Die Klammer (links des schwarzen Balkens) von der letzten Brustoperation dieser Patientin ist auf der Aufnahme gestochen scharf zu erkennen.

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"Machen Sie bitte Ihren Oberkörper frei", lädt Manuela Linhart, die seit 23 Jahren als medizinisch-technische Fachkraft im Bereich Mammografie tätig ist, in die Umkleidekabine. Eine Minute später stehe ich in einem kleinen, hell ausgeleuchteten Raum, in dem sich ein Sessel, ein Arbeitstisch samt PC und Monitor sowie das Tomosynthese-Gerät befinden. Letzteres sieht aus wie ein "ganz normaler" Mammografie-Röntgenapparat und ermöglicht im Diagnosezentrum Margareten im Wiener Hartmannspital seit gut einem Jahr die modernste Form der Brustdiagnostik.

Etwas weniger Kompression

"Haben Sie Kinder? Haben Sie gestillt? Wann war Ihre letzte Menstruation? Gibt es Krebserkrankungen in der Familie?", fragt Linhart und informiert, während sie die Platten des Apparats mit einem Tuch reinigt, über die Untersuchung: "Sie werden sehen: Die Tomosynthese ist weniger unangenehm als die Mammografie. Man benötigt etwas weniger Kompression." Das ist nicht zu viel versprochen. Millimeterweise wird zuerst die eine, dann die andere Brust einmal horizontal, einmal vertikal zwischen den Platten eingeklemmt. Der ganze Prozess erfolgt im Stehen, dicht an den Apparat gelehnt.

Linhart bringt von ihrer Konsole aus das leise summende Gerät langsam in die richtige Position. "Geht's noch?", fragt sie und stellt die Platten ein wenig fester. Das ist maximal ein bisschen unangenehm, von Schmerz weit entfernt. "Jetzt bitte nicht bewegen!" - "Piep, piep, piep", erklingt es anders als bei einer Mammografie aus dem Gerät. Jetzt werden die Millimeterschicht-Bilder aufgenommen.

Mammografie in 3D

Wie eine Mammografie in 3D ist die Tomosynthese vorstellbar. Für das tomografische Verfahren zur Darstellung von Körperschichtaufnahmen bedarf es zweier Schritte: Im Aufnahmeschritt wird die Brust der Patientin durch ein Areal von Röntgenröhren in Form eines kodierten Bildes abgebildet. Die Röhren sind nichtredundant angeordnet, so dass möglichst wenig "Rauschen" entsteht. Im Rekonstruktionsschritt wird das Bild durch eine Matrix von Linsen nachbearbeitet, so dass beliebige Schichten des Objekts rekonstruiert werden können. Durch diese Vielfachprojektion entsteht ein reelles Bild des Objektes.

Die Strahlenbelastung von Tomosynthese und Mammografie zusammen ist etwa 30 Prozent höher als bei einer direkt digitalen Mammografie und niedriger als bei einer Mammografie mit einem Speicherfoliengerät, das noch in den meisten Röntgen-Praxen zu finden ist.

Nur wenige Sekunden dauert die Aufnahme einer Brust. Überhaupt ist die ganze Untersuchung in wenigen Minuten erledigt. Nach einer kurzen Wartezeit bittet Alexandra Resch, Röntgenologin und Leiterin des Diagnosezentrums Margareten, zur Auswertung der Bilder in einen abgedunkelten Raum. Dort sieht man auf zwei Monitoren die Tomosynthese-Bilder, daneben, auf einem Schaukasten, die letzten Bilder der nichtdigitalen Mammografie. Der Unterschied ist auch für Laien gravierend: Auf den alten Bildern ist vergleichsweise wenig zu sehen, die Unschärfe dominiert.

Drüsen- und Fettgewebe

"Jede Brust besteht aus Drüsen- und Fettgewebe", zeigt Resch auf dunkle und helle Bereiche. Welches überwiegt, ist eine Sache der Veranlagung und des Alters: Junge Frauen verfügen üblicherweise über mehr Drüsengewebe, mit zunehmendem Alter nimmt das Fettgewebe zu.

Das dunkle Fettgewebe ist auf den Aufnahmen der herkömmlichen Mammografie gut zu sehen, die hellen Bereiche wirken dagegen oft stark umwölkt. "Darin liegt auch das Risiko", sagt Resch, "denn in den Bereichen mit dichtem Drüsengewebe ist ein Karzinom oft nicht erkennbar."

Abhängig von der Brustdichte liegt aktuellen Studien zufolge die Treffsicherheit der Mammografie, bösartige Veränderungen in der Brust sichtbar zu machen, zwischen 55 und 95 Prozent. Nicht zuletzt deshalb wendet die Röntgenologin bei jeder Patientin mit dichter Brust die Tomosynthese an.

Die Ermittlung der Brustdichte erfolgt anhand der ACR-Skala des American College oft Radiology in einem Stufenschema von 1 bis 4. "Richtlinie in Österreich ist, dass alle Frauen mit ACR 3 und 4 zusätzlich zur Mammografie eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie, Anm.) bekommen", erklärt Resch. Obwohl man damit Drüsengewebe besser differenzieren kann, sind die Ergebnisse oft nicht eindeutig. Die Expertin ist davon überzeugt, dass das neue Verfahren die Mammografie früher oder später ersetzen wird.

Weniger Biopsien

"Jede Mammografie ist ein Summationsbild", erklärt Resch. "Überlagerungseffekte in der Brust können auf den Bildern einen Tumor vortäuschen, es besteht keine Gewissheit, worum es sich handelt."

Mit der Tomosynthese ist dagegen eine dreidimensionale Betrachtung möglich. Mittels mausgesteuertem Regler lässt die Röntgenologin die Aufnahmen wie einen Film über den Monitor ablaufen. So werden Überlagerungseffekte weitgehend umgangen. Die Aufnahme der Brust kann in beliebigen Schichtdicken betrachtet werden. "Bei Kalkablagerungen stelle ich etwa auf fünf Millimeter, so kann ich die gesamte Ausdehnung besser erkennen", so Resch.

Die Vermutung liegt nahe, dass die verbesserte Diagnostik zur Entdeckung von immer mehr Unregelmäßigkeiten in der weiblichen Brust und damit zu mehr Biopsien führen wird. "Im Gegenteil", weiß Resch. "Die Tomosynthese zieht wesentlich weniger Biopsien nach sich als die Mammografie, weil wir durch den räumlichen Eindruck besser diagnostizieren können." Die Krebsfrüherkennung funktioniere damit bestens.

Kein Brustscreening als Zwangsbeglückung

Vom ständig im Steigen begriffenen gesellschaftlichen Druck, an Brustscreening-Vorsorgeuntersuchungen teilzunehmen, distanziert sich die Mammografie-Expertin: "Ich bin gegen eine Zwangsbeglückung. Jede Frau hat das Recht, nicht an Screening-Programmen teilzunehmen, da diese auch Nachteile wie Stress und Ängste für die Patientinnen, Risiken von falsch positiven Befunden sowie nicht unbedingt notwendigen Biopsien mit sich bringen."

Wer sich dagegen entscheide, solle das aber bewusst tun; im Wissen, dass Screening-Programme einer von 1.000 Patientinnen das Leben retten. (Eva Tinsobin, derStandard.at, 17.1.2013)