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Eine Roma-Familie in einem Plattenbau in Miskolc, 180 Kilometer östlich von Budapest.

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Zsolt Bayer: "Sofort lösen."

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Zsolt Bayer, stolzer Inhaber des Mitgliedsbuchs Nr. 5, ist das Enfant terrible des Gründerkreises der rechtsnationalen ungarischen Regierungspartei Fidesz (Bund Junger Demokraten). Das eine Mal outet sich der persönliche Freund von Ministerpräsident Viktor Orbán als notgedrungener Antisemit, weil die Juden den Ungarn ins Schwimmbecken rotzen würden. Ein anderes Mal bedauert er es, dass die rechtsextremen Freikorps nach dem Ersten Weltkrieg nicht noch mehr erschossene Juden und Linke in den Dünen der Puszta verscharrt haben. Doch der jüngste Roma-feindliche Artikel des Leitkolumnisten des regierungsfreundlichen Rechtsaußen-Blattes "Magyar Hírlap" rief selbst unter einzelnen Fidesz-Politikern Empörung hervor.

Anlass für Bayers neuesten Ausfall war eine blutige Schlägerei zu Silvester in einem Wirtshaus der Ortschaft Szigethalom bei Budapest. Dabei sollen zwei Nachwuchssportler, ein Ringer und ein Boxer, von einer Gruppe Roma mit Messern angegriffen worden sein. Die beiden wurden schwer verletzt, der 19-jährige Ringer liegt auf der Intensivstation. Die Polizei nahm einen 17-jährigen Rom als mutmaßlichen Messerstecher fest.

"Zigeuner für Zusammenleben nicht geeignet"

Bayer schrieb am vergangenen Samstag: "Ein bedeutender Teil des Zigeunertums ist fürs Zusammenleben nicht geeignet. Nicht geeignet dafür, unter Menschen zu leben. (...) Dieser Teil des Zigeunertums besteht aus Tieren und benimmt sich wie Tiere." Ein Gutteil der ungarischen Roma-Bevölkerung habe nichts anderes im Sinn als zu rauben, zu morden und zu vergewaltigen. "Die Tiere mögen nicht mehr sein. Auf keine Weise. Das gilt es zu lösen - aber sofort und wie auch immer!", schloss Bayer seine Hasstirade. Kritiker wollten aus diesen Worten herauslesen, dass Bayer nicht weniger als eine "Endlösung" der Roma-Frage nach Nazi-Vorbild vorschwebe.

Justizminister verurteilt Aussagen

Die Empörung reicht jedenfalls bis in das Fidesz-Lager hinein. Parteimitgründer Tamás Deutsch, heute Präsident des Budapester Traditionssportvereins MTK, bezeichnete das Ausschlachten der Bluttat für Roma-Hetze als "schändlich", was auch für "meinen Freund" Zsolt Bayer gelte. Justizminister Tibor Navracsics sagte am Montagabend im Fernsehen: "Diese Aussage verurteile ich zutiefst." Leute wie Bayer hätten im Fidesz nichts zu suchen.

Deutsch und Navracsics gehören allerdings nicht mehr zum inneren Machtkreis um Orbán. Dass dieser seinen Freund Bayer, mit dem er immer wieder bei Veranstaltungen posiert, fallen lässt, erscheint wenig wahrscheinlich. Denn mit seinen Publikationen hält Bayer nicht nur jene Orbán-Fans bei der Stange, die sonst ideologisch eher bei der rechtsextremen Jobbik-Partei zu Hause wären. Bayer ist auch Mit-Initiator der sogenannten "Friedensmärsche" für Orbán. Bayer und Gesinnungsgenossen marschieren da unter Transparenten wie "Wir werden keine Kolonie werden", was auf die EU gemünzt ist. Dem Fidesz-Legendarium zufolge haben diese Kundgebungen verhindert, dass die EU Orbán aus dem Amt putschte. (Gregor Mayer aus Budapest, DER STANDARD, 9.1.2013)