Wien - Für Rechnungshofpräsident Josef Moser ist das zwischen Bund, Ländern und Gemeinden vereinbarte verfassungsrechtliche Spekulationsverbot nicht ausreichend. In der geplanten Verfassungsbestimmung würden "keine inhaltlichen Zielvorgaben" und nicht einmal die ohnehin außer Streit stehenden Grundsätze festgelegt, kritisierte Moser im Gespräch mit der APA: "Das ist sicher zu wenig." Außerdem vermisst der Rechnungshofpräsident einheitliche Transparenzregeln für die Länder- und Gemeindefinanzen.

Moser kritisiert, "dass nicht einmal die außer Streit stehenden Grundsätze" des Spekulationsverbots in die Verfassung aufgenommen werden sollen. Stattdessen sind neben der allgemein gehaltenen Verfassungsbestimmung und der ausführenden Bund-Länder-Gemeinde Vereinbarung ("17 F-VG-Vertrag") noch ein Bundesgesetz, neun Landesgesetze und zehn Richtlinien geplant. Damit bleibe der Gestaltungsspielraum der einzelnen Länder "enorm groß", kritisiert Moser.

Moser für generelle Verbote in Verfassung

Der Rechnungshofpräsident plädiert dafür, Grundsätze und generelle Verbote in der Finanzverfassung zu verankern. Etwa dass Finanzgeschäfte nur zulässig sind, soweit sie zur Erfüllung der Kernaufgaben einer Gebietskörperschaft nötig sind. Oder dass spekulative Finanzgeschäfte, die Kreditaufnahme zu Veranlagungszwecken, offene Fremdwährungsrisiken sowie die Spekulation mit Derivaten verboten werden. Dass die Schnelllebigkeit der Finanzbranche einer detaillierten Verfassungsregelung entgegenstehen könnte, weist Moser zurück: "Diese Punkte sind außer Streit gestellt, die verändern sich auch nicht."

Außerdem fordert Moser Regeln, die einen transparenten und österreichweit vergleichbaren Überblick über das Vermögen und die Schulden von Bund, Ländern und Gemeinden zulassen. Denn das Fehlen solcher Regeln habe den Salzburger Finanzskandal überhaupt erst möglich gemacht, argumentiert Moser. Dort sei man bis heute auf der Suche nach dem veranlagten Geld, weil der Salzburger Rechnungsabschluss keinen vollständigen Überblick über die Finanzgeschäfte des Landes enthalten habe. Und das werde auch durch die nun geplante Neuregelung nicht behoben. "Es wird genau das nicht geregelt, was in Salzburg zum Skandal geführt hat", kritisiert Moser.

Kontrolle derzeit schwer möglich

"Mit den derzeitigen Regelungen ist eine Überwachung und eine Kontrolle des Spekulationsverbotes nicht bzw. nur äußerst schwer möglich", meint der Rechnungshofpräsident. Er plädiert daher einmal mehr dafür, dass Länder und Gemeinden ihr Haushaltsrecht in Anlehnung an jenes des Bundes weiterentwickeln. Die Steiermark, Salzburg und Niederösterreich hätten ohnehin schon Schritte in diese Richtung angekündigt. Und außerdem sei Österreich auch durch EU-Recht verpflichtet, ein Bund, Länder und Gemeinden umfassendes Rechnungswesen aufzubauen, betont Moser.

Unzufrieden ist der Rechnungshof auch mit dem vereinbarten Sanktionsmechanismus: Bestraft werden sollen nämlich nur Verstöße gegen das Spekulationsverbot (nicht aber mangelhaftes Finanzmanagement). Außerdem plädiert der Rechnungshof für automatische Sanktionen anstatt der vorgesehenen Sanktionsverhängung nach dem Einstimmigkeitsprinzip.

Verständnis für die Kritik Mosers an zu wenig weitreichender Regelungen zeigte im Ö1-"Mittagsjournal" Staatsschulden-Ausschuss-Chef Bernhard Felderer: Der Vorschlag würde den Ländern relativ viel Spielraum lassen, was sie als spekulativ einschätzen und was nicht, sagte er. Auch sieht er in den anstehenden Verhandlungen mit den Ländern auch noch die Gefahr, dass diese Vorschläge noch aufgeweicht würden. 

Wallner: "Kritik überzogen"

Die Landeshauptleute von Vorarlberg und Tirol, Markus Wallner und Günther Platter (beide ÖVP), haben am Mittwoch die Kritik von Rechnungshofpräsident Josef Moser am vereinbarten Spekulationsverbot zurückgewiesen, das Moser zu wenig weit reicht. "Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Kritik überzogen", sagte Wallner am Rande der offiziellen Vorsitz-Übernahme Vorarlbergs in der Landeshauptleute-Konferenz. Man habe absichtlich den Weg gewählt, in der Verfassung eine Grundsatzbestimmung zu verankern, die Details aber in einer Vereinbarung zu regeln, so Wallner und Platter einhellig.

Wallner bezeichnete dies als "ideale Form". Man könne auf diese Weise das Spekulationsverbot sehr viel rascher umsetzen als über eine Verfassungsänderung, die eine Zwei-Drittel-Mehrheit benötigen würde. Vor langwierigen Verfassungsdebatten im Nationalrat warnte auch Platter. "Dazu habe ich eine zu große Erfahrung, wie Gesetzeswerdung funktioniert", sagte der Tiroler Landeshauptmann, der am Ende solcher Diskussionen den Verlust der Finanzautonomie für die Bundesländer befürchtete. Er könne einige Äußerungen Mosers nicht nachvollziehen, "sie gehen zu weit".

Als neuer Vorsitzender der Landeshauptleute-Konferenz bat Wallner Moser, "die Endgespräche abzuwarten und erst dann ein Urteil zu fällen". Man sei auf dem richtigen Weg und arbeite intensiv an der Vereinbarung für Bund, Länder und Gemeinden. Darin werde auch vorgesehen sein, "dass der Rechnungshof prominent als Kontrollorgan vorkommt", Moser solle sich darauf konzentrieren. Zur Transparenz in der Buchhaltung und im Rechnungswesen sagte Wallner, dass diesbezüglich in den Bundesländern bereits Diskussionen im Gange seien.(APA, 9.1.2013)