Bitte, bitte lasst uns zu unserem Spiel zu Saisonbeginn zurückfinden! Arian Foster (23) muss auf eine Steigerung seiner Houston Texans in Foxborough bei den New England Patriots hoffen.

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Ruhig, Ruhiger, Rodgers. Aaron Rodgers (12) führte die Green Bay Packers souverän an den Minnesota Vikings vorbei ins Divisional Playoff. Mit San Francisco wird nun der Härtegrad nach oben korrigiert.

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Der erste Tag der Wild Card Runde der NFL war schon eine Sache für Hartgesottene und Allesfresser. Gleich zum Auftakt musste man sich bei Houston gegen Cincinnati die Frage stellen, wie es auch nur eines der beiden Programme überhaupt ins Playoff geschafft hat. Ein offensives Feuerwerk wurde erwartet - mit A.J. Green auf bengalischer und Arian Foster auf texanischer Seite - eine Knallerbsen-Parade wurde es. Houston siegte 19:13 und auch beim nochmaligen Schnelldurchlauf findet sich kaum eine Szene, bis vielleicht auf den Pick Six der Bengals, die einem ein „Jetzt geht's aber los!"-Gefühl vermitteln würde. Wären es nur die Defenses gewesen, die das Spiel dominiert hätten, aber die Partie gab in Summe gerade zwei Quarterback-Sacks und zwei Interceptions her. Es war einfach nur schlechter Football von beiden und jenes Team, welches mehr für das Spiel tat, ging verdienter Weise am Ende als Gewinner hervor. Houston hatte die zweifache Zahl an First Downs und mehr als zwei Mal so viele Yards mit der Offense erzielt. Bezeichnend für diese Wurstelei, dass die Texaner sich trotzdem in ständiger Gefahr befanden, die Partie mit einem Big Play noch zu verlieren. Dank eines Andy Dalton, der entweder wie ein geblendetes Reh auf der Autobahn hinter seiner Line einfror, dann auch mal wieder die Ruhe eines durchgebrannten Rührstabs versprühte, passierte das über die gesamte Spieldauer nicht. Der Tiger schlief, der Texaner lief. Arian Foster zum einzigen offensive Touchdown des Spiels. Na Bravo.

So richtig schlecht war dieses Spiel vielleicht auch für New England, den kommenden Gegner der Texans im Divisional Playoff. Hundert Mal kann man wiederholen, dass man die Texaner keinesfalls unterschätzen wird, aber die Spieler sahen das ja und das Bild einer unfähigen Mannschaft prägt sich zumindest unterbewusst ein. Das ist gleichzeitig auch deren einzige Chance. Houston hat nun nämlich echt ein Problem, denn New England wird, anders als Cincinnati, mit einer Offense kommen. Ihre schwache Form ist auch nicht neu, denn bereits in Woche 16 (6:23 gegen Minnesota) und 17 (16:28 in Indianapolis) zog man sich Niederlagen gegen Teams zu, die nun bereits ausgeschieden sind. Zum ersten Mal in der Geschichte stehen sich diese beiden Mannschaften in einem Playoff gegenüber, es ist überhaupt erst das fünfte Spiel gegeneinander. Der einzige Sieg der Texaner gelang ihnen bisher im Jänner 2010, als sie selbst aus den Playoffs bereits eliminiert und New England durch war. Das Spiel für die Patriots beendete damals Herr Brian Hoyer als Quarterback. So gesehen, gab es bisher drei Patriots-Siege in einem für beide Mannschaften relevanten Match. Auch die kurze gemeinsame Geschichte hat keine allzu guten Vorzeichen für die Hörner her zu geben.

Der Ellbogen Ponders

Die größte Überraschung des gesamten Wochenendes passierte vor dem samstäglichen Abendspiel am Lambeau Field. Die Minnesota Vikings mussten Joe Webb an Stelle von Christian Ponder starten, dem eine Ellbogenverletzung auf die Bank zwang. Das hielt man gut geheim, mit Webb wollte man die Packers auch überraschen. Das gelang nur leidlich. Den ersten Drive schloss Minnesota noch mit drei Punkten ab, danach war aber Sendepause für Purple. Adrian Peterson lief für 99 Yards und keinen Score, gemessen an der Vorwoche eine Halbierung seiner Produktivität. Green Bay mühte sich zwar mit dem Laufspiel, kam damit pro Versuch nur rund zwei Yards weit, aber mit DuJuan Harris und John Kuhn auch zwei Mal in die Endzone. Ryan Grant (sieben Läufe für sieben Yards) spielte ebenso keine Rolle wie der Rückkehrer Randall Cobb (vier Returns für vier Yards), dafür komplettierte Aaron Rodgers fast 70 Prozent seiner Pässe für 274 Yards und einen weiteren Touchdown. Als Michael Jenkins den einzigen Touchdown für die Vikings fing, war der Käse für die Packers bereits gebissen, die nie in Verlegenheit kamen, dieses Wild Card-Spiel zu verlieren.

Die kommende Runde mit GB verspricht dafür ein Kracher zu werden. Mit San Francisco kommt ein ganz anderes Kaliber auf die Packers zu. Der Die Hard-49ers Fan als Jugendlicher (Aaron Rodgers) gegen Colin Kaepernick, der im selben Alter als Berufswunsch Quarterback der Green Bay Packers oder San Francisco 49ers angab. Es ist quasi unmöglich, dass dieses Spiel weniger hergibt als die Wild Card, dahingehend kann der Sonntag nur als Tag zum Ausschlafen dienen, bis es weiter geht. Pflichttermin - tut mir leid. Sie dürfen dopen. Gesund halt.

Der Rücktritt einer Legende

Ray Lewis, Superstar, Ikone, Role Model, Motivationsmotor und Super Bowl MVP kündigte vor dem Wild Card-Spiel gegen Indianapolis seinen Rücktritt nach der Saison an. Nach 17 Jahren NFL soll nun also Schluss sein und die Ankündigung war natürlich auch eine Nachricht an seine Mannschaft: So (mit einer Niederlage gegen die Colts) gehen wir sicher nicht heim. Ob es für einen zweiten Ring langt, das darf man angesichts der kommenden Aufgabe bezweifeln. Für Indianapolis war die Ravens-Defense aber ein bis sogar zwei Nummern zu groß. Obwohl man den Ball auf Seite der Colts durchaus bewegen konnte (über 400 Offensive Yards), war halt wenig Zählbares dabei. Eigene Fehler bzw. Big Plays der gegnerischen Defense verhinderten das. Damit gab es keinen Touchdown für Andrew Luck im ersten Playoff seiner Karriere, der einen Fumble verlor und eine Interception warf. Auch wenn sein Gegenüber Joe Flacco auch kein Künstler vor dem Herrn ist, fanden rund die Hälfte seiner Würfe auch einen Empfänger für 282 Yards und zwei Touchdowns. Die Defense der Colts ließ 439 Yards zu, eigentlich nur ein wenig mehr als jene der Ravens, mit dem Unterschied, dass die zwei Fumbles von Ray Rice mittelbar nur drei magere Pünktchen brachten. Effizienz halt. Da schon, dort nicht.

Die Reise nach Denver wird nun aber für die Raben deutlich mühsamer. Die Broncos verloren ihr letztes Spiel Anfang Oktober (gegen New England), danach begann Peyton Manning mit seinen wilden Pferden die AFC zu dominieren. Auch Baltimore kam schon vor die Flinte des Altmeisters, wobei die Hauptrolle beim stets ungefährdeten 34:17-Auswärtserfolg in Woche 15 die Defense Denvers spielte. Der Lewis-Faktor muss sich daher potenzieren, wollen die Ravens eine Runde weiter kommen. Baltimore kam in der Phase, wo es auch gegen Denver chancenlos war, nämlich ganz schön ins Trudeln. Niederlagen gegen Pittsburgh, Washington und Cincinnati umrahmen ein 1-4 in den letzten fünf Spielen der Regular Season. Zählt natürlich alles nicht mehr in den Playoffs, aber auch die Nummer mit Lewis an Bord gegen die Colts hat mich wenig überzeugt. Es spricht sehr viel für Denver und gegen Baltimore in diesem DP.

Das Knie von RG3

Das letzte Spiel hätte das Potential gehabt, die drei lauwarmen Partien davor wieder zu vergessen, wäre da nicht einer aufs Knie gefallen. Redskins Quarterback Robert Griffin III ging schon angeschlagen in den Kampf gegen Seattle und mit einem kaputten Knie vorzeitig, wobei immer noch weit zu spät, aus diesem raus. Dabei begann alles so schön für die Skins, die die Gäste aus Seattle am falschen Fuß erwischten und mit 14:0 das erste Quarter bestimmten. Je stärker die Schmerzen bei RG3 wurden, damit einhergehend eine deutlich erkennbare Einschränkung seiner Mobilität, desto mehr Fahrt nahmen die Seahawks auf. Redskins Head Coach Mike Shanahan wird heute vorgehalten, dass er seinen Spielmacher zu lange drinnen ließ. Das kann man machen (ihm das vorhalten), allerdings ist das Schicksal der Redskins halt sehr stark mit der Stärke des Rookies verquickt. Der schwor seinem Coach auch, dass er weiter machen kann, was er tatsächlich nicht konnte. Hätte Shanahan das ahnen können? Ja. Hätten andere Coaches ähnlich gehandelt? Vermutlich ja. Erst als er von selbst umkippte und damit allen klar wurde, dass sein Kniegelenk nur mehr dekorativen Zweck erfüllen kann, kam der arme Kirk Cousins ins Spiel, der vor lauter Blitzen den Donner nimmer hörte. Das Knie von RG3 ist mittlerweile schon operiert. Es waren, wie befürchtet, die Bänder nicht mehr intakt. Sechs bis acht Monate lautet die optimistische ärztliche Prognose der Dauer des Wiederherstellungsprozesses, wobei diese auch davon abhängig ist, ob noch weitere Eingriffe folgen.

Das Spiel selbst drehte sich wie gesagt ab dem zweiten Viertel in Richtung Seahawks, die nicht nur gewannen weil des Gegners Spielmacher nicht fit war, sie machten ab diesem Zeitpunkt auch wieder eine gute Figur was ihre Offense betraf. Der andere Rookie, Russell Wilson, warf einen Touchdown auf Michael Robinson, eine Conversion auf Zach Miller und setzte sich spektakulär als Vorblocker, der auf der Überholspur von hinten kam, für Marshawn Lynch und seinen Lauf für sechs Punkten ein. Auch Kicker Steve Hauschka war brav, denn alle drei Fieldgoalversuche waren je drei Punkte wert. Auch wenn diese aus kurzer Distanz kamen, selbstverständlich ist so etwas bei der derzeitigen Kicker-Misere in der NFL nicht. Immerhin hat San Francisco sich in der Bye Week die Dienste eines Billy Cundiff gesichert, der Druck auf den abschmierenden David Akers ausüben soll. Als hätte der nicht schon genug Dampf im Kessel. Cundiff, wir erinnern uns, kickte New England in die letzte Super Bowl bzw. natürlich die Ravens aus dieser, als ihm aus Steinwurfdistanz die Nerven einen Streich spielten. Die Verpflichtung ist schon einigermaßen verwunderlich, denn gleichzeitig mit den Ravens stiegen vor einem Jahr auch die 49ers aus dem Titelrennen, da Return-Fumbler Kyle Williams nicht mehr Herr seiner Sinne war. Jetzt haben sie den Williams so weit, dass er klaglos funktioniert und holen sich ein potentiell neues nervliches Wrack ins Team? Harbaugh halt. Er wird schon wissen, was er tut.

Für Seattle heißt es weiter Meilen sammeln. Im DP reist man wieder quer durchs Land nach Atlanta. Die Falcons hätten wohl die heuer bereits bezwungen Redskins lieber gehabt, Seattle ist der sicher unangenehmste Außenseiter der Runde, denn sind sie überhaupt der Underdog? In Atlanta ist es bekanntlich warm und das Schwitzen ist eine unangenehme Eigenschaft der Falken, wenn die Gläser mit dem Eingemachten aus dem Keller geholt werden. Geht es um was, dann fällt Atlanta gerne um. Vervollständigen Sie mal diesen Text: 2008: One & Done gegen Arizona. 2010: One & Done gegen Green Bay. 2011: One & Done gegen die New York Giants. 2012: ___________

Vollbild mit Kracher

Damit kommt es in den Divisional Playoffs zu einer Spitzenbegegnung, wenn Samstagnacht (Sonntagmorgen 2:00 Uhr ESPN America) die Green Bay Packers bei den San Francisco 49ers gastieren. Davor schon (22:30 Uhr ESPNA) steigen die Denver Broncos ins Playoff ein und begrüßen dazu die Baltimore Ravens eine Meile hoch in Colorado. Am Sonntagabend (19:00 ESPNA) besuchen die Seahawks Georgia, was Atlanta wie gesagt einiges an Kopfschmerzen bereiten könnte. Das Abendspiel (22:30 Uhr) bestreiten die Houston Texans bei den New England Patriots, das auch das Live-Spiel auf PULS 4 ist. Mit dabei wird erstmals heuer auch wieder Referee Bojan Savicevic sein, womit Michael Eschlböck und meiner einer uns auf die wirklich wichtigen Dinge konzentrieren können. Zum Beispiel die Herren Aigner und Schaffer beim Wutzeln gewinnen lassen. Weil so war's, ich schwör's. (Walter Reiterer, derStandard.at, 10.1.2013)

NFL DIVISIONAL PLAYOFF

12. Jänner 2013 22:30 Uhr (ESPN America)
Denver Broncos vs. Baltimore Ravens
13. Jänner 2013 02:00 (ESPN America)
San Francisco 49ers vs. Green Bay Packers
13. Jänner 2013 19:00 (ESPN America)
Atlanta Falcons vs. Seattle Seahawks
13. Jänner 2013 22:30 (PULS 4/ESPN America)
New England Patriots vs. Houston Texans

NFL WILD CARD RUNDE

Houston Texans vs. Cincinnati Bengals 19:13
Green Bay Packers vs. Minnesota Vikings 24:10
Baltimore Ravens vs. Indianapolis Colts 24:9
Washington Redskins vs. Seattle Seahawks 14:24

Tabellen der Conferences
Playoff-Bild