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April 1947: Mahatma Gandhi wird vom Ehepaar Mountbatten flankiert. Der eine hat für die Unabhängigkeit Indiens gekämpft, der andere hat sie umgesetzt.

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Juni 1947: Indische und britische Politiker besprechen in Neu-Delhi den Mountbattenplan. Der Namensgeber des Plans, Lord Mountbatten, sitzt mit dem schwarzen Anzug am Tisch, links von ihm ist Jawaharlal Nehru zu sehen. Er wird zwei Monate später zum ersten Ministerpräsidenten Indiens ernannt.

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15. August 1947: Jawaharlal Nehru und Lady Mountbatten bei einer Feier in Neu-Delhi. Indien ist ab sofort unabhängig.

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Zurück in die Gegenwart: Die Grenze im Kaschmir-Gebiet zwischen Indien und Pakistan wird schwer bewacht.

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11. Jänner 2013: Nach einem erneuten Zwischenfall an der Grenze verbrennen indische Aktivisten eine pakistanische Flagge.

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Es begann alles mit der Freiheit. Nach jahrhundertelanger Fremdherrschaft wurde der indische Subkontinent 1947 in die Unabhängigkeit entlassen, die gewaltfreie Bewegung um Mahatma Gandhi hatte gesiegt. Dass dadurch ein Konflikt entsteht, der auch noch 66 Jahre später für Blutvergießen sorgt, war allerdings nicht geplant.

In der umkämpften Region Kaschmir kam es in den letzten Tagen erneut zu Grenzgefechten zwischen Indien und Pakistan. Neu Delhi wirft dem Nachbarn vor, zwei ihrer Soldaten getötet und verstümmelt zu haben. Umgekehrt gibt es Vorwürfe vonseiten Islamabads, Indien hätte drei ihrer Soldaten umgebracht. Dies alles hat seine Ursprünge in der Loslösung vom Kolonialismus.

Der Weg in die Unabhängigkeit

Es war die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, Indiens Armee hatte zuvor tatkräftig mitgeholfen, dem Nationalsozialismus ein Ende zu bereiten. In Verhandlungen mit den britischen Kolonialherren erreichten Indiens führende politische Kräfte schließlich das, wofür in den Jahrzehnten zuvor mit oder ohne Gewalt gekämpft wurde: die Unabhängigkeit. Die Kronkolonie Britisch-Indien gehörte ab 15. August 1947 der Vergangenheit an.

27 Jahre zuvor präsentierte Sir Muhammad Iqbal eine These, die als Zwei-Nationen-Theorie in die Geschichte eingehen sollte. Iqbal, zu jener Zeit Vorsitzender der all-indischen Muslimliga und heute vor allem als Nationaldichter Pakistans bekannt, störte sich daran, dass Muslime im hinduistisch dominierten Britisch-Indien politisch unterrepräsentiert waren. Die Kernessenz seiner These lautete folglich: Hindus und Muslime können aufgrund ihrer unterschiedlichen Religionen nicht in einem Staat leben.

Die Zwei-Nationen-These galt als umstritten. Der hinduistisch geprägte Indian National Congress etwa, eine der führenden Organisationen im indischen Unabhängigkeitskampf, lehnte sie mit der Begründung ab, religiöse Themen nicht bei der Gründung eines neuen, unabhängigen Staates miteinbeziehen zu wollen. Man verstehe sich schließlich als weltliche Organisation.

Der Mountbattenplan

Der Kritik zum Trotz nahmen die britischen Kolonialherrscher 1947 die Zwei-Nationen-These in ihrem Plan auf, der eine geordnete Entlassung Britisch-Indiens in die Unabhängigkeit gewährleisten sollte. Umsetzen sollte diesen Plan Lord Mountbatten, der letzte britische Vizekönig der Kronkolonie, nach dem der Plan auch benannt wurde.

Dem Mountbattenplan zufolge sollte der Subkontinent in ein Indien und ein Pakistan geteilt werden. Da beide Seiten den Plan akzeptierten, wurde der Mountbattenplan in eine offizielle Form gegossen. Der sogenannte Indian Independence Act übersprang die allerletzte Hürde, als er vom britischen Parlament verabschiedet wurde.

Geteilt nach Hindus und Muslimen

Der 15. August 1947 wurde schließlich zur Geburtsstunde von Indien und Pakistan, die feierlich zelebriert wurde. Einen Tag später gab Lord Mountbatten die genauen Grenzen zwischen den beiden neuen Staaten bekannt.  Grundlage dafür war die letzte Volksbefragung von 1941, Distrikte mit hinduistischer Mehrheit fielen Indien zu, jene mit muslimischer Mehrheit gingen an Pakistan. Das war der Teil des Mountbattenplans, der relativ reibungslos über die Bühne ging. Nun zum gravierendsten Problem.

Auf dem indischen Subkontinent existierten zahlreiche Fürstenstaaten. Sie hatten mit den Briten eigene Verträge abgeschlossen, die ihnen weitreichende Autonomie sicherten. Der Mountbattenplan sah nun vor, den Herrschern dieser Fürstenstaaten die Wahl zu überlassen, sich Indien oder Pakistan anzuschließen oder selbstständig zu werden. Vielen fiel die Entscheidung leicht, ob man sich Indien oder Pakistan zugehörig fühlte. Aber nicht allen.

Der Maharadscha wählt die Unabhängigkeit

Im Fürstenstaat Kaschmir stand der herrschende Maharadscha Hari Singh vor einer komplizierten Situation. Er selbst war Hindu, herrschte aber über ein muslimisch dominiertes Volk, das sich Pakistan nahe fühlte. Der Maharadschah entschied sich schließlich für die Unabhängigkeit, auch weil sich die Kaschmir National Conference, die damals prägende politische Kraft im Fürstenstaat, ebenfalls dafür aussprach. Eine von vielen geforderte Volksbefragung wurde nicht durchgeführt, die Unzufriedenheit in der Bevölkerung war dementsprechend groß.

Pakistan nahm den Ruf der Bevölkerung von Kaschmir wahr und schickte Freischärler nach Kaschmir. Hari Singh geriet in Bedrängnis, er musste sogar aus der Hauptstadt Srinagar flüchten. Er bat Indien um Hilfe, dafür wurde im Gegenzug aber der Anschluss Kaschmirs an Indien gefordert. Am 26. Oktober 1947 schließlich wurde Kaschmir offiziell Teil von Indien. Hari Singh hatte schlicht keine Wahl. Und sorgte so für die Geburtsstunde eines Konflikts, der die Himalaya-Region seit 66 Jahren in Atem hält.

Teilung durch die "Line of Control"

Indien schickte Truppen nach Kaschmir, Pakistan nun offiziell auch, der erste indisch-pakistanische Krieg brach aus und sollte bis Anfang 1949 dauern. Ein von den UN vermittelter Waffenstillstand hatte folgende Konsequenzen: Kaschmir wurde durch die Waffenstillstandslinie geteilt, und zwar in ein pakistanisches Azad Kaschmir ("Freies Kaschmir") und einen indischen Bundesstaat Jammu und Kaschmir. An der Waffenstillstandslinie, 1971 in "Line of Control" umbenannt, richteten die UN eine Beobachtermission ein (UNMOGIP), die auch heute noch dort unterhalten wird.

Die UN-Beobachter konnten aber nicht verhindern, dass es dort immer wieder zu Grenzgefechten gekommen ist. Dass diese zwei weitere indisch-pakistanische Kriege zur Folge hatten. Dass Indien und Pakistan mit Atombomben aufrüsteten. Und dass es in den letzten Wochen wieder zu einer Verschärfung des Konflikts gekommen ist. Der Streit um Kaschmir wird der Welt wohl noch eine Zeit lang erhalten bleiben. (Kim Son Hoang, derStandard.at, 16.1.2013)