Es ist verdächtig ruhig im Kinderzimmer. Sorry, nicht Kinderzimmer. Jugendzimmer. "Mama, bitte!", sagt das Kind an so einer Stelle. "Du bist peinlich." Man soll in letzter Zeit lieber gar nichts mehr sagen, sondern so ruhig sein, wie es im Kinderzimmer gerade ist. Schuld daran: ein Weihnachtsgeschenk. Das Kind hat sich nämlich Gutscheine gewünscht. Nein, nein, Büchergutscheine habe es schon genug. Super wären welche von Saturn. Saturn? Ja, Saturn!

Als dann kurz vor Weihnachten aus Frankfurt kolportiert wurde, dass der Sohn von Freunden "Stromgeschenke" auf seinen "Brief ans Christkind" geschrieben hatte, stand ich noch immer auf der Leitung. Stromgeschenke?! "Kind, wünschst du dir ein Dampfbügeleisen? Saftpressen? Eine elektrische Zahnbürste?" - "Mama!", raunt das Kind. "Ich weiß", sage ich voreilend einsichtig. "Ich bin peinlich." Es geht nämlich um gaaaaanz anderes Zeugs. Computerzeugs. Spiele. Und deswegen ist es jetzt auch so ruhig.

Das Kind ist nämlich seit kurzem sehr beschäftigt, hat eine ganze Reihe von Aufgaben zu erfüllen, sehr alltägliche Dinge, die sonst nicht so besonders gut ankommen, wie etwa Zimmeraufräumen, Esseneinkaufen, Kochen, Nachbarnbesuchen, Geldverdienen, Nachwuchsversorgen. Und wie im echten Leben vergisst das Kind bei all seinen Aufgaben gerne einmal aufs Duschen und Haarewaschen. Dann leuchtet allerdings in der Computerspiele-Welt ein Hygiene-Balken rot auf.

Überraschend, dass es trotz alldem zum sogenannten Techtelmechtel zwischen zwei "Sims"-Spielern kommt, wie hier die gepixelte Variante von Aktivitäten unter der Bettdecke heißt (iiiih). Aber ich bin peinlich. Nun gut. Es gibt kein richtiges Leben im falschen, oder so. Oder vielleicht umgekehrt: Es gibt ein falsches Leben im richtigen ... "Was sagt eigentlich der Papa zu alldem?", frage ich das Kind.

"Was soll der dazu sagen?", antwortet das Kind. "Alle anderen spielen das auch!" Alle anderen, denke ich: Alle anderen hatten auch schon einen Gameboy mit vier und nicht erst mit sechs, ein Handy samt Internetzugang mit sechs und nicht erst mit acht, ein Notebook mit zehn und nicht erst mit zwölf. Und die sind jetzt alle auf Facebook! Hilfe! Nein. Unser Kind bleibt bis auf Weiteres asozial, zumindest im Netz und noch eine Zeit lang. Kein Facebook. Da sind der Ex und ich sich absolut einig. Na bitte. Geht doch. (Mia Eidlhuber, derStandard.at, 13.1.2013)