"Kunstherzen werden imm kleiner, immer leistungsfähiger und immer langlebiger".

Foto: http://www.fineprint.at , MedUni Wien, Ernst Hammerschmid

In Österreichs Transplantationszentren wird transparent gearbeitet. Die Verfügbarkeit von Spenderorganen lässt sich nur über Aufklärung verbessern, sagt der Herzchirurg Andreas Zuckermann.

STANDARD: Deutschland wird zurzeit von Organspendenskandalen heimgesucht. Könnte es auch in Österreich zu solchen Problemen kommen?

Zuckermann: In Österreich momentan nicht wirklich, weil wir sehr transparent arbeiten. In den einzelnen Transplantationszentren wird jeder Patient sehr genau von mehreren Experten geprüft. Da wir andere gesetzliche Grundlagen für Organspenden als in Deutschland haben, verfügen wir hierzulande auch über eine größere Spenderpopulation. Somit haben Patienten bessere Chancen, rasch ein passendes Organ zu finden. Abgesehen davon gehen wir in Österreich wirklich sehr umsichtig mit der Einstufung "Hochdringlichkeit" um. Wenn zum Beispiel ein Herzpatient in einem sehr schlechten Zustand ist, wird bei uns sehr schnell ein Kunstherz eingebaut. Das ist für solche Patienten eine Alternative zur Transplantation.

STANDARD: Was genau sind die zentralen gesetzlichen Unterschiede zwischen Österreich und Deutschland?

Zuckermann: Bei uns in Österreich gibt es eine Widerspruchsregelung. Jeder ist demnach ein potenzieller Spender, es sei denn, er hat explizit Widerspruch im Widerspruchsregister dagegen deponiert. Das ist genau das Gegenteil zur deutschen Praxis. Dort meldet man sich freiwillig und bekommt einen Organspenderausweis ausgestellt, oder die Angehörigen müssen entscheiden, falls jemand dies nicht mehr selber tun kann.

STANDARD: In Österreich ist die Dichte der Organspender mit circa 30 Spendern pro Million Einwohner in der Tat relativ hoch. Wie sehen Sie ganz allgemein den Trend in der Transplantationsmedizin?

Zuckermann: Eher stabil. Das Problem aber ist, dass Spender immer älter werden, und dann sind nicht immer alle Organe verwendbar. Die Qualität muss in solchen Fällen sehr genau geprüft werden. Es gibt heute weniger junge Menschen, die zum Beispiel bei einem Motorradunfall ums Leben kommen, weil die Verkehrssicherheit gestiegen ist und die Notfall- und Intensivmedizin besser geworden sind.

STANDARD: Wie ließe sich die Verfügbarkeit von Spenderorganen verbessern?

Zuckermann: Aufklärung, Aufklärung, Aufklärung! Es gibt in Österreich vielerorts bereits Transplantationsbeauftragte, die die Menschen mit Informationen versorgen und den medizinischen Wert von Transplantationen verdeutlichen. Es ist keine Experimentalwissenschaft mehr. Wir haben heute Patienten, die seit mehr als 20 Jahren mit einem Spenderorgan leben, und das mit einer guten Lebensqualität.

STANDARD: Welche Fortschritte erwarten Sie in den nächsten fünf bis zehn Jahren auf dem Gebiet der Organtransplantation?

Zuckermann: Zum einen die Weiterentwicklung der mechanischen Ersatzsysteme. Kunstherzen werden immer kleiner, immer leistungsfähiger und immer langlebiger. Auch wird die Konservierung von Spenderorganen immer besser. Es gibt erfolgreiche Versuche, Organe an Maschinen anzuschließen und so zu perfundieren, sie künstlich zu durchbluten. Dadurch wird die Sauerstoffversorgung während des Transports aufrechterhalten und die Funktionsfähigkeit eines Organs verbessert – eine echte Zukunftsperspektive. Und drittens gibt es Fortschritte im Bereich der notwendigen Immunsuppression, die dafür sorgt, dass ein transplantiertes Organ nicht wieder abgestoßen wird. Wir arbeiten daran, die Medikation immer stärker zu personalisieren und so die Nebenwirkungen zu verringern. (Kurt de Swaaf, DER STANDARD, 14.1.2013)