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Vathia an der Südspitze der Halbinsel Mani wacht wie eine Festung über die Ölreserven des Peloponnes. Die liegen nur wenig weiter nördlich und umfassen rund 350.000 Olivenbäume.

Foto: Jacques Sierpinski/Hemis/Corbis

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Im Winter fliegt unter anderem Aegean Air von Wien nach Athen. Mit dem Bus (fährt fast stündlich) oder Mietwagen geht es nach Kalamata und weiter auf die Mani. Fahrzeit rund drei Stunden, Shuttle vom Flughafen zum Busbahnhof. Ab März gibt es auch Direktflüge Wien-Kalamata. Das beste Verkehrsmittel, um die Mani zu entdecken, ist ein Mietwagen. Eine gute Alternative zu den bekannten Mietwagengesellschaften ist der lokale Anbieter Aramis. Griechenland-Infos: Griechische Zentrale für Fremdenverkehr, Tel: 01/512 53 17-0, E-Mail: grect@vienna.at

Das "Mani-Sonnenlink Boutique Resort" in Pyrgos ist das erste zertifizierte Biohotel Griechenlands. Konkret bedeutet das: In der Küche werden ausschließlich Bioprodukte verwendet und darüber hinaus weitere ökologisch sinnvolle Maßnahmen gesetzt. Alle Wohnungen und Bungalows sind mit Heizungen ausgestattet und deshalb auch für einen "Winterurlaub" geeignet. Das Haus ist spezialisiert auf Kurs- und Aktivprogramme und hält im Sommer ein eigenes Musikfestival ab: www.mani-sonnenlink.com. Alternativ: Gästehäuser Pola in Avia-Archontiko, im Stil der traditionellen Mani-Steinhäuser. Info unter: www.traditionalhomes.gr

Foto: http://www.traditionalhomes.gr

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Über Portale für nachhaltigen Tourismus wie das "Forum anders Reisen" werden auch Wanderreisen auf der Mani angeboten, bei denen man den Olivenbauern ein wenig zur Hand gehen kann. Die nächsten Termine sind für November 2013 geplant - ab diesem Monat ist die Halbinsel oft schon wieder frühlingshaft grün. Alternativ dazu bietet etwa Studiosus Wanderreisen mit botanischem Schwerpunkt schon ab März 2013 an: Ginster taucht die Landschaft der Mani im Frühling in leuchtendes Gelb, die Judasbäume setzen rosarote Farbtupfer, und der Mohn blüht auf den Feldern.

"Eine Drecksarbeit ist das", beschwert sich Vasiliki Panayatopoulos und deutet mit verfärbten Fingern auf ihr fleckiges Sweatshirt. "Den ganzen Tag lässt er mich so hart arbeiten", scherzt sie und schaut ihren Mann Christos gespielt vorwurfsvoll an. Der grinst nur gutmütig und fährt fort, in einer Sortierwanne grüne Oliven von den Blättern zu trennen. Die Ölfrüchte fallen durch ein grobes Metallsieb auf den Wannenboden, von wo sie in einen aufgespannten Jutesack kullern.

Schon seit ein paar Tagen ernten die beiden ihre 40 Olivenbäume ab, die sie, die Familien ihrer erwachsenen Kinder in Athen und die Nachbarn mit Öl versorgen. "Wir sprühen keine Pestizide, nichts! Schließlich wollen wir bestes Olivenöl", sagt Vasiliki. Stattdessen hängen sie Plastikflaschen mit einem Lockmittel in die Bäume. Durch ein kleines Loch an der Seite klettert die gefürchtete Olivenfliege in die Flasche - und sitzt in der Falle.

Olivenbäume mit ihren silbrig-grünen, lanzettförmigen Blättern prägen die raue Kulturlandschaft der Mani, des mittleren der drei Finger des Peloponnes. Die genügsamen Gewächse trotzen den ungestümen Attacken der Winterstürme, krallen sich an die kargen, mit Oregano und wildem Thymian bewachsenen Steilhänge des Taygetos-Gebirges, des buckligen Rückgrats der Halbinsel. In dessen unwegsamen Ausläufern hat sich ein eigenwilliger Menschenschlag eingenistet, der nie von den Türken unterworfen wurde. Vom streitbaren Charakter der Manioten untereinander zeugen burgartige Wohn- und Wehrtürme, hinter deren Schießschartenfenstern so manche bittere Familienfehde zwischen den Clans ausgetragen wurde.

Eng stehen die Häuser in den verwinkelten Dörfern, manche Gasse ist so schmal, dass ein Erwachsener mit ausgestreckten Armen die rauen Mauern auf beiden Seiten berühren kann. Viele Wohntürme wie die in Vathia im Süden der Mani sind verlassen, die bröckelnden Mauern ragen skelettierten Fingern gleich in den Himmel. Andere scheinen noch bewohnt zu sein. Intakte Eingangstüren und Fensterscheiben im Erdgeschoß weisen darauf hin. Doch die Dorfplätze sind verwaist, die Tavernen leer, Katzen schleichen über das Kopfsteinpflaster. Wo sind die Dorfbewohner?

Wenn im November die Fischer ihre Kutter an Land aufgebockt haben, und die Liegestühle der Touristen winterfest verzurrt sind, beginnt der Exodus aus den Dörfern in die Olivenhaine. Fast jede Familie besitzt ein paar Pflanzen für den Eigenbedarf. "Hast du Olivenbäume, so hast du Sicherheit", sagen die Griechen. In der Erntezeit ist jede Hand gefragt - eine gute Gelegenheit, entfernt wohnende Angehörige zusammenzutrommeln. Und unabhängig von den wenigen Wanderern, die das ungewöhnlich frühe Aufblühen der Landschaft im Jänner genießen, finden auch einige freiwillige Erntehelfer aus nördlicheren Regionen Europas den Weg hierher.

Schon in der Morgendämmerung geht es in die Haine und auf die Leitern. Mit kurzen Handharken werden die Oliven behutsam von den Zweigen gekämmt und von Planen unter den Bäumen aufgefangen. Am Nachmittag stapeln sich die gefüllten Jutesäcke und Plastikkisten. Noch am selben Abend muss die Tagesernte auf kurvenreichen Bergstraßen zur nächsten Ölmühle transportiert und gepresst werden, denn jede schadhafte Stelle der empfindlichen Früchte beeinträchtigt später den Geschmack des Olivenöls.

Kommunarde und Ölmagnat

Gerade auf Qualität legt Fritz Bläuel aber besonderen Wert. Sein Unternehmen produziert im Bergdorf Pyrgos oberhalb des Küstenortes Stoupa Bio-Olivenöl, das sein Bruder unter dem Markennamen Mani in Österreich vertreibt. Dabei hatte Bläuel ursprünglich gar nicht vor, sich mit Olivenöl zu beschäftigen. Vielmehr zog er mit seiner Wohnkommune in den 1970er-Jahren von Wien auf die abgelegene Mani. Die meisten gingen nach ein paar Jahren wieder, er blieb und hielt sich als Olivenpflücker mehr schlecht als recht über Wasser. "Als ich ihn kennenlernte, hatte er nichts, kein Auto, kein Haus, keine Arbeit", erzählt seine Frau Burgi, die heute das erste zertifizierte Biohotel Griechenlands betreibt. Und ihr Mann erinnert sich: "Mir war bald klar, dass dieses Öl etwas Wunderbares ist."

Auf dem Weg in die Olivenmühle überholen moderne Pick-ups Kleinbauern, die ihre Ernte noch mit dem Esel zur Presse befördern. Am Straßenrand klettert ein runzliges Mütterchen in einem knorrigen Olivenbaum herum und trennt mit der Handsäge abgeerntete Äste als Futter für ihre Ziegen ab, die sich erwartungsvoll meckernd unter dem Baum versammelt haben. Bedächtig wägt sie ab, welche Teile fallen sollen.

Generationenverträge auf Mani

Wie die Alte, so lässt sich auch der Olivenbaum nicht drängen. Er windet, verknotet und verdreht sich, wo andere Bäume gerade aufschießen. Und wenn jene vor Altersschwäche das Früchtetragen schon wieder einstellen, legt der Olivenbaum erst so richtig los. 30 bis 40 Jahre dauert es, bis er nennenswert Früchte trägt. Dafür wird er 700 bis 800 Jahre alt. Wer einen Olivenbaum pflanzt, hat selber nichts davon, er sorgt für zukünftige Generationen. Damit ist der Ölbaum auch ein Symbol für das tief verwurzelte Familienbewusstsein der Manioten.

"Natürlich war es nicht leicht", erzählt Fritz Bläuel von den Anfängen seiner Firma. "Wir mussten die Bauern erst überzeugen, auf biologischen Anbau umzusteigen, etwas Neues zu wagen." Auf der Mani mit ihren ausgeprägt dörflichen Clan-Strukturen kein leichtes Unterfangen für Zugezogene. Viele Bauern seien immer wieder abgesprungen und hätten doch wieder Pestizide und Kunstdünger verwendet. "Verständlich, sie sind ja abhängig von ihrer Ernte", sagt Bläuel.

Doch das Durchhaltevermögen der Familie - Sohn Felix führt inzwischen das Familienunternehmen - hat sich gelohnt. Heute ist die Firma einer der größten biologischen Betriebe Griechenlands und der wichtigste Arbeitgeber der Region. Rund 300 Bauern stehen hier unter Vertrag und beziehen ein Einkommen. "Ein wichtiger Beitrag gegen die Landflucht in den Dörfern", meint Fritz Bläuel. Heute - nach 30 Jahren - kann man wohl sagen: Die Dorfbewohner haben die Familie akzeptiert. Einige, wie den Ölmühlenbesitzer Takis, würden die Bläuels vielleicht sogar als Freunde bezeichnen.

Der würzige Geruch gepresster Oliven wabert durch die neonerleuchtete, weiß gekachelte Halle. Arbeiter leeren die angelieferten Jutesäcke vor das Förderband. Ohrenbetäubend lärmende Maschinen entblättern, waschen und zerquetschen die Oliven zu einem Fruchtfleischbrei, der anschließend gepresst wird. Takis führt Listen, wann sich welcher Olivenbauer bei ihm angemeldet hat. Sogar jetzt, um zehn Uhr abends, herrscht in der Mühle noch Hochbetrieb. An der Waage wird abgerechnet. Wie hoch die Gebühren sind, möchte der Bauer, dessen Oliven gerade verarbeitet werden, nicht sagen, und schon gar nicht, wie viele Olivenbäume er besitzt. Takis zuckt nur mit den Schultern, und Fritz Bläuel muss schmunzeln: "Aus allem machen sie hier ein Geheimnis." (Gabriela Beck, DER STANDARD, Album, 12.1.2013)