Rom - Der italienische Linksextremist Prospero Gallinari, der wegen seiner Verwicklung in die Entführung und Ermordung des christdemokratischen Regierungschefs Aldo Moro im Jahr 1983 zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, ist am Montag in der Garage seines Hauses in der norditalienischen Stadt Reggio Emilia tot aufgefunden worden. Nach Angaben italienischer Medien könnte der 62-jährige Mitbegründer der Terrorgruppe Rote Brigaden (Brigate Rosse) einem Herzinfarkt erlegen sein.

Die Behörden hatten Gallinari ursprünglich für den Mörder Moros gehalten, später entlastete ihn jedoch der Linksextremist Mario Moretti, der sich ebenfalls an der Entführung beteiligt hatte. Gallinari, der sich mehreren Herzoperationen unterzogen hatte, konnte wegen seines angeschlagenen Gesundheitszustands die Strafanstalt verlassen. Seit einigen Jahren lebte er in seiner Heimatstadt Reggio Emilia.

Mord im Schatten des "Historischen Kompromisses"

Der 1916 geborene Moro war von 1963 bis 1968 und noch einmal von 1974 bis 1976 Ministerpräsident und damit nach Alcide De Gasperi, Giulio Andreotti und Silvio Berlusconi der am längsten amtierende Regierungschef Italiens nach dem Zweiten Weltkrieg.

In den 70er Jahren war Moro einer der größten Befürworter des "Historischen Kompromisses", einem vom Chef der Kommunistischen Partei Italiens (PCI), Enrico Berlinguer, vorgeschlagenen Solidaritätspakt zwischen der PCI und der Democrazia Cristiana, um das Problem der Wirtschaftskrise zu lösen. Außerdem setzte sich Moro für einen NATO-Austritt Italiens ein.

Papst Paul VI. bot sich als Geisel an

Moro wurde am 16. März 1978 von den Brigate Rosse auf dem Weg ins Parlament entführt, fünf seiner Leibwächter wurden dabei getötet. Am 9. Mai wurde er nach 55-tägiger Geiselhaft tot im Kofferraum eines Autos aufgefunden, das in der Innenstadt von Rom in der Nähe des Sitzes der PCI und der Democrazia Cristiana abgestellt worden war.

Mario Moretti hatte Moro mit acht Schüssen ermordet, nachdem Italiens Regierung die Forderung der Terroristen nach Freilassung inhaftierter Gesinnungsgenossen nicht erfüllt hatte. Der damalige Papst Paul VI. hatte sich vergeblich im Austausch als Geisel für seinen Freund Moro angeboten. Die Hintergründe der Tat sind bis heute ungeklärt und umstritten. (APA, 14.1.2013)