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Walter Rothensteiner

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STANDARD: Raiffeisen als Mitaktionär hätte der Volksbanken AG ÖVAG längst Kredite von rund einer Milliarde Euro abnehmen sollen, um das ÖVAG-Eigenkapital zu entlasten. Das ist nicht geschehen - fürchten Sie keine Klage vom Finanzministerium?

Walter Rothensteiner: Das verhandelt die Raiffeisen Bank International. Wir kaufen keine nicht werthaltigen Kredite, infrage kommt derzeit nur ein Volumen von 500 bis 600 Millionen Euro. Aber natürlich arbeiten wir daran, der ÖVAG zu helfen.

STANDARD: Sie sind vertraglich dazu verpflichtet.

Rothensteiner: Aber wir können keine Kredite kaufen, die wir sofort wertberichtigen müssen. Und Klagen würden es auch nicht leichter machen, Eigenkapital für die ÖVAG aufzutreiben. Wir haben ein vernünftiges Verhältnis zu den Volksbanken, irgendeine Lösung wird sich schon finden.

STANDARD: Die ÖVAG wollte dem Raiffeisen-Sektor ihr RZB-Paket verkaufen; das ist auch nicht geschehen. Wie passt das zum vernünftigen Verhältnis?

Rothensteiner: Egal, was sich die RZB-Aktionäre zum Erwerb dieses Pakets überlegt haben, alles hätte sich aufs Kernkapital durchgeschlagen - aber alle Banken haben ihre Probleme mit dem Eigenkapital. Und unser Sektor braucht das Paket nicht, ihnen gehören schon mehr als 90 Prozent der RZB. Es ist also keine Boshaftigkeit gegenüber der ÖVAG.

STANDARD: Haben Sie schon Ihre Compliance-Regeln verschärft? Sechs Raiffeisen-Manager, darunter RBI-Chef Herbert Stepic und Finanzchef Martin Grüll, wurden von Aufsicht und Unabhängigem Verwaltungssenat wegen Verletzung der Veröffentlichungspflichten rund um die Fusion rechtskräftig zu Strafen verdonnert. Zudem läuft ein Insiderverfahren.

Rothensteiner: Der Insidervorwurf ist für mich nicht nachvollziehbar, aber zum laufenden Verfahren sage ich nichts. Unsere Wohlverhaltensregeln reichen jedenfalls aus. Wir haben nichts angestellt, und mit der UVS-Entscheidung beschäftigt sich der Verwaltungsgerichtshof. Da sitzen sechs Monate vor der Fusionsentscheidung Banker zusammen und denken nach. Und nur weil Stepic meint, der Aktienkurs könne bei einer Fusion fallen, sollen wir eine Ad-hoc-Meldung machen? Wenn die Rechtsprechung das meint, wird niemand mehr laut denken.

STANDARD: Oder laut denken und ad hoc melden.

Rothensteiner: Es ist aber bedauerlich, aber wenn man nicht mehr vor sich hindenken und philosophieren darf.

STANDARD: Österreichs Banker sehen die Aufsicht eher als Feind ...

Rothensteiner: Gar nicht, die FMA macht ihren Job, und ich vertrage mich mit den Herren wunderbar.

STANDARD: Ihren Mitarbeiter Michael Höllerer werden Sie aber nicht in den FMA-Vorstand schicken, wo ein Job frei wird?

Rothensteiner: Er tut, was er will.

STANDARD: Vielleicht spricht er zu gut Englisch? In der Ausschreibung ist "hinreichendes Englisch" gefordert, früher war es "exzellentes".

Rothensteiner: (lacht)

STANDARD: Ist die FMA-Untersuchung rund um das private Kreditgeschäft Stepics mit der Hypo Alpe Adria schon beendet?

Rothensteiner: Ich habe nichts gehört. Stepic macht seinen Job untadelig, hat weder rechtliche noch steuerrechtliche Probleme.

STANDARD: Haben Sie wie er eine Privatstiftung in Liechtenstein?

Rothensteiner: Nein.

STANDARD: Die EU hat die neuen Eigenkapitalvorschriften Basel III verschoben. Was sagen Sie dazu?

Rothensteiner: Man hat sich zu viel vorgenommen. Ich bin nicht gegen diese Regulatorien, ich möchte nur, dass das in geordneten Bahnen läuft und nicht jeder etwas aufdoppelt. Wenn die Nationalbank auch noch ein Austrian Finish macht und wir noch vor Basel III mehr Eigenkapital haben müssen und die EBA uns neun Prozent vorschreibt: Das kann auf die Dauer nicht sinnvoll sein. Wir können nicht jedes Jahr mehr Bankensteuer zahlen und höheres Kapital vorhalten. Wir zahlen heuer 200 Millionen - auf fünf Jahre gerechnet könnten wir stattdessen eine Milliarde Kapital schöpfen, die wir dringend brauchen.

STANDARD: Die FMA wird gemäß Gesetzesentwurf zum Bankeninsolvenzrecht noch mehr Eingriffsrechte bekommen und wankende Banken quasi zerschlagen dürfen.

Rothensteiner: Darüber wird es, Stichwort Enteignung, noch verfassungsrechtliche Diskussionen geben. Ich hoffe aber, dass wir das Gesetz nicht brauchen, denn Banken sollen ja auf Ewigkeit angelegt sein und nicht vorher umfallen. (Renate Graber, DER STANDARD, 16.1.2013)