Le Français nouveau est arrivé.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Am Beginn der Währinger Straße gibt es seit Anfang dieser Woche einen neuen Vertreter französischer Lebensart.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Der Koch kommt aus Belgien, der Kaffee (sehr gut!) aus Kalabrien, und den auf ganz zarte Art im Schweben begriffenen Luster haben sich die Betreiber sonst wo abgeschaut. Dennoch ist das Café Français am Beginn der Währinger Straße genau das: eine Huldigung an die französische Kunst der Lebensfreude (genau: art de vivre), mit Musik von Gainsbourg bis Guetta und Zaz über ganz herausragend knusprig-cremige Pommes frîtes (comme il faut mit extra scharfem Dijon-Senf) bis zu Champagnerpreisen (EURO 47 / Bouteille), wie man sie bisher nur jenseits des Rheins erhoffen durfte.

Sieht fast so aus, als ob das nach dem Beaulieu im Palais Ferstel der nächste Brandbeschleuniger jener neu entfachten Leidenschaft für das Französische sein könnte, derer sich die Wiener aus obskuren Gründen über Jahrzehnte zu gut waren.

René Steinbachner ist als Betreiber des Szeneitalieners Francesco in Grinzing ein alter Hase der Wiener Gastronomie, der sich für dieses französische Abenteuer mit Axl Schreder einen Mediendesigner und Werber zur Seite nahm. Wenn es nach ihm geht, soll der Club im Keller künftig altersadäquat (beide sind um die 40) von den Sunshinern und Szenegrößen wie Fred Schreiber oder Florian Horwath bespielt werden, während in dem weiten, nach kluger Adaptierung auf sehr urbane Art heimeligen Speisesaal oben immer wieder Lesungen, Konzerte und andere Überraschungen steigen sollen.

Internationales Frenchie-Repertoire

Die Küche unter Johan Lemineur versteht es, auf unaufgeregte und, an diesem Uni-nahen Standort wichtig, preisbewusste Weise, französische Lebensart zu verbreiten. Vom Frühstück weg über allerhand gefüllte Baguettes und einen zart knusprigen, außerordentlich saftigen Clubsandwich (unter anderem mit Spiegelei als Füllung!), die erwähnten, köstlichen Frîtes bis zu diversen Quiches und einer sehr erwachsenen, klassisch passierten Fischsuppe samt Rouille, Croutons und Gruyère werden die Standards des internationalen Frenchie-Repertoires schwungvoll und routiniert präsentiert.

Auch die Zwiebelsuppe (Bild links) ist richtig gut, wie es sich gehört vom süßen Schmelz langsam gedünsteter Zwiebeln und der Würzkraft des geschmolzenen Gruyère erfüllt. Coq au vin kommt klassisch mit sautierten Champignons und geschmorten Grelot-Zwiebelchen in dichter, sämiger Sauce. Dazu gibt es wechselnde Bistrot-Klassiker wie Moules-Frîtes oder einen richtig guten, mit knusprigem Selleriestroh getopptem Salat mit Pinienkernen, Mango und in Estragon mariniertem Hendl. Der Platz mag vorherigen Betreibern wenig Glück gebracht haben - jetzt aber spricht alles dafür, dass hier auch einmal etwas gut geht. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 18.1.2013)