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Eine verletzte Geisel wird nach der Behandlung medizinisch betreut.

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Google-Earth-Aufnahme des Erdgasfeldes In Amenas.

Foto: REUTERS/Google Earth/CNES/Spot Image/Handout

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Panzer nahe dem Gasfeld.

Foto: REUTERS/Enahar TV via Reuters TV

Algier/Wien - Fast zwei Tage nach Beginn der algerischen Befreiungsaktion in der Sahara werden noch mehr als 20 Ausländer vermisst oder gefangen gehalten. Dies geht aus den bisher von verschiedenen Seiten zusammengetragenen Informationen hervor. Die bewaffneten Geiselnehmer blieben auch in der Nacht auf Samstag mit einer unbekannten Zahl von Geiseln in der Erdgasanlage verschanzt.

Es herrschte weiterhin Unklarheit über das Schicksal und die genaue Zahl der Opfer. Verschiedenen Berichten zufolge sind zwischen zwölf und 30 Geiseln getötet worden - darunter wohl zahlreiche Ausländer. Die Sprecherin des US-Außenministeriums, Victoria Nuland, bestätigte am Freitag den Tod eines US-Amerikaners bei der Stürmung der Erdgasanlage in Algerien. Ebenfalls offiziell ist, dass zwei Japaner, zwei Briten und ein Franzose unter den sieben Ausländern sind, deren Tod bestätigt wurde

Österreicher in Sicherheit

Für einen 36-jährigen Niederösterreicher ist das Geiseldrama hingegen glimpflich ausgegangen. Nach vielen ungewissen Stunden ohne ein Lebenszeichen von Herrn Z. teilten die Behörden den österreichischen Vertretern in Algier am Freitagvormittag schließlich mit, der Mann sei frei. Außenminister Michael Spindelegger bestätigte die Nachricht einige Zeit später in einer Aussendung: "Wir haben soeben vom algerischen Außenminister die erfreuliche Information erhalten, dass der Österreicher, der sich auf dem von islamistischen Terroristen angegriffenen Gasfeld im Osten Algeriens befand, in Sicherheit ist."

Wie der STANDARD aus Diplomatenkreisen erfuhr, hatte sich Z. bei dem Angriff auf die Anlage versteckt und sich so dem Zugriff der Terroristen entzogen. Wie das Außenministerium am Samstagvormittag mitteilte, ist der Österreicher mittlerweile auf der US-Militärbasis Ramstein im deutschen Bundesland Rheinland-Pfalz gelandet. Er befand sich in einer Maschine, die in der Nacht auf Samstag auch andere Personen transportierte, die von dem Überfall auf die Gasanlage betroffen waren. Wie und wann der Niederösterreich weiterreise, liege nun in dessen Händen, sagte Weiss. Die Betreuung durch das Außenamt sei damit zu Ende.

Die staatliche Nachrichtenagentur APS hatte zuvor berichtet, über die Hälfte von 132 ausländischen Geiseln sei befreit worden. Die Armee habe 650 Menschen aus der Hand der Terroristen gerettet, darunter 573 Algerier. Am Abend bezifferte sie die Zahl der geretteten Ausländer schließlich mit 100. Wie viele Menschen getötet wurden, blieb zunächst unklar. APS berichtete weiter, 18 Terroristen seien während der algerischen Militäraktion "außer Gefecht gesetzt" worden. Die Zeitung El Watan meldete, einer der Geiselnehmer sei bei der Erstürmung der Anlage nahe In Amenas gefangen genommen worden. Der Mann habe bei einem "harten Verhör" ausgesagt, dass sein Kommando aus 32 Kämpfern der Brigade "Die mit Blut unterzeichnen" des Algeriers Mokhtar Belmokhtar bestanden habe.

Gefangenentausch 

Laut der mauretanischen Nachrichtenagentur Ani, die direkte Kontakte zu den Islamisten hat, boten die Geiselnehmer an, zwei gefangene US-Amerikaner im Tausch gegen zwei in den USA inhaftierte Islamisten freizulassen. Dabei handelt es sich um die pakistanische Wissenschaftlerin Aafia Siddiqui und den blinden ägyptischen Scheich Omar Abdel Rahman, der als Drahtzieher des ersten Anschlags auf das World Trade Center 1993 gilt.

In westlichen Hauptstädten löste das Vorgehen der algerischen Behörden großen Ärger aus. Die Regierung in Algier hatte die betroffenen Länder, darunter die USA, Großbritannien, Frankreich, Norwegen und Japan, nicht über den bevorstehenden Militäreinsatz informiert. Während unter anderem Washington, London und Tokio deutliche Kritik übten, signalisierte Frankreich Verständnis für das algerische Vorgehen.

Die Situation sei wegen des Ausmaßes der Geiselnahme "sehr komplex" gewesen, sagte der Sprecher des Pariser Außenministeriums, Philippe Lalliot, am Freitag vor Journalisten. Die algerischen Behörden seien zu dem Schluss gekommen, dass es keine andere Wahl als den Ansturm auf die Anlage gab. Die Geiselnahme zeige, welche Bedrohung von den extremistischen Islamisten in Nord- und Zentralafrika ausgehe.

US-Verteidigungsminister Leon Panetta drohte den Geiselnehmern an, sie zur Verantwortung zu ziehen. "Die Terroristen sollten wissen, dass es für sie kein Versteck, keinen Fluchtpunkt gibt", sagte er bei einem Besuch in London am Freitag.

Unterdessen ließen erste Berichte von befreiten Geiseln auf das Drama schließen, das sich auf der Anlage abgespielt hatte. Der Bruder eines entkommenen Iren berichtete, seinem Bruder sei Sprengstoff um den Hals geschnallt worden. Die algerische Armee habe vier Jeeps, in denen Geiseln saßen, zerstört. Andere Betroffene berichteten, die Attentäter seien von Anfang an nur an Ausländern interessiert gewesen. (Reuters, dpa, AFP, AP, raa, red/DER STANDARD/derStandard.at, 19.1.2013)