Wien - Die Wiener Philharmoniker werden am Montag drei renommierte Historiker beauftragen, die Rolle des Orchesters in der NS-Zeit zu durchleuchten. Orchestervorstand Clemens Hellsberg spricht sich für eine " systematische, präzise" Untersuchung aus. Oliver Rathkolb, Fritz Trümpi und Bernadette Mayrhofer sollen bereits Ende März ihre Erkenntnisse auf der Webseite der Philharmoniker veröffentlichen.
Das Orchester verlieh 1942 Arthur Seyß-Inquart, dem später in Nürnberg als NS-Verbrecher hingerichteten Reichskommissar für die besetzten Niederlande, und Baldur von Schirach, dem Gauleiter von Wien, den Ehrenring. Mit der Nicolai-Medaille ausgezeichnet wurden damals laut Kurier u. a. Reichsstatthalter Friedrich Rainer, der Schriftsteller Gerhart Hauptmann sowie die Dirigenten Karl Böhm und Clemens Krauss. Hellsberg bestätigt gegenüber dem Standard die Meldung des Magazins Profil, dass er dem Verein die Aberkennung aller Auszeichnungen an NS-Größen und Mitläufer vorschlagen will.
Gerüchteweise soll Schirach den Ehrenring 1966, nach seiner Entlassung aus Spandau, noch einmal erhalten haben. "Das kann schon stimmen", sagt Hellsberg. "Aber es gibt keinen Hinweis darauf in den Protokollen. Ich glaube, dass diese Überreichung eine private Aktion war." Er will daher vom jüngsten Schirach-Sohn Richard wissen, wer konkret den Ehrenring überbracht habe. (trenk, DER STANDARD, 21.1.2013)