Hugo Portisch erklärt in seiner überarbeiteten Version des Doku-Klassikers "Österreich I" die Geschichte der ersten Republik.

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Jene "unbedarften Leute, die heute so leichtfertig sagen, wir treten aus der EU aus, führen den Schilling wieder ein und es wird uns allen besser gehen", haben offenbar im Geschichtsunterricht geschlafen oder kennen Hugo Portischs Dokureihe "Österreich I" nicht. Das ließe sich nun aber nachholen: Ab 2. Februar zeigt der Spartenkanal ORF III eine komplett restaurierte Fassung der für Österreich prägenden Geschichtsaufarbeitung - am Montag wurde die erste Folge im ORF präsentiert.

Zollmauern und eigene Währungen aller bisherigen Länder Österreichs und damit der nächsten Absatzmärkte einer übergroßen Industrie im nun kleinen Österreich - "das war in der ersten Republik der Tod Österreichs. Weil wir nicht mehr exportieren und mit niemandem handeln konnten", so Portisch am Montag im APA-Interview. Wer heute einen Austritt aus der EU fordere, solle einmal in die Geschichte schauen: "Dort gibt es ein massives historisches Beispiel dafür, wie es einem geht, wenn man allein steht und die anderen anfangen, Zollmauern zu erreichten - gerade einem Land, das nur von Export und Fremdenverkehr lebt." Die Folge war der Untergang der Ersten Republik und der Anschluss an Deutschland, der sich heuer zum 75. Mal jährt.

Thema Berufsheer

Aus der Vergangenheit erklären lasse sich auch der Ausgang der Volksbefragung zum Thema Berufsheer oder Wehrpflicht und die Tatsache, dass die SPÖ-Wählerschaft nicht hinter der SPÖ-Linie pro Berufsheer stand. Sozialdemokraten hätten in der ersten Republik bei den sogenannten Februarkämpfen im Jahr 1934 gelernt, das Berufsheer zu fürchten. Das Berufsheer war es damals, das auf Sozialdemokraten schoss. Die Wehrpflicht beziehungsweise ein demokratisch verankertes Heer seien daher in der zweiten Republik von jeher sozialdemokratische Bedingungen gewesen.

Grundsätzlich gelte: "Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart beurteilen", ist Portisch überzeugt. Und da seit der Erstausstrahlung von "Österreich I" bereits 25 Jahre ins Land gezogen sind und "die jüngere Generation diese Dokumentation gar nicht mehr kennt", wurde sie jetzt nicht nur technisch sondern auch hinsichtlich der zeitgeschichtlichen Erkenntnisse auf den neuesten Stand gebracht und in einen aktuellen Kontext gesetzt, wie ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz bei der Präsentation berichtete. "In den 1980er-Jahren ging es um die Aufarbeitung der jüngeren Vergangenheit, jetzt geht es um die Zukunft Österreichs in Europa", so Wrabetz. "Es geht darum, Themen aus dem kollektiven Unterbewusstsein ins kollektive Gedächtnis zu rufen, um mit der Gegenwart besser umgehen zu können."

Political Correctness

Im Rahmen der Überarbeitung wurde auch so manche politische Unkorrektheit, für die es vor 25 Jahren noch keine Sensibilisierung gab, ausgebessert, wie ORF III-Geschäftsführer Peter Schöber betonte. "1988 haben wir noch das Wort Zigeuner gebraucht. Heute ist das ein inkorrektes Wort. Bei uns hat sich das aber durch sämtliche Wortbeiträge gezogen", so Portisch. "Zigeuner" wurde durch Roma und Sinti ersetzt, "um nur ein Beispiel zu nennen". Portisch selbst hat alle Moderationen und Analysen in der Sendung neu eingesprochen.

Ab 2. Februar bringt ORF III jeweils im Samstaghauptabend eine Folge der insgesamt zwölfteiligen Dokumentation. Die Hälfte aller Folgen widmet sich der Aufarbeitung der Zeit rund um den sogenannten Anschluss - Folge sechs und sieben sind am 9. und 16. März die Aufhänger für zwei Themenabende, die sich mit dem 75. Jahrestag des "Anschlusses" Österreich an das Deutsche Reich auseinandersetzen. (red, derStandard.at, 21.1.2013)