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Sie brachten Forscher zum Erröten und zum Staunen: Adeliepinguine sind sexuell extravagant und Meister der Unterwasserjagd.

Foto: APA/EPA/DEAN LEWINS

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Ein Kamera-Pinguin filmt einen tauchenden Kollegen.

Foto: Reuters

Die Erforschung des tierischen Sexualverhaltens ist reich an Skurrilitäten. Zu den skurrilsten Geschichten zählt zweifellos eine, die von den in der Antarktis beheimateten Adeliepinguinen handelt und die erst vor ein paar Monaten an die Öffentlichkeit kam, obwohl sie über 100 Jahre alt ist.

Ihr Protagonist ist der englische Wissenschafter George Murray Levick, der 1910 bis 1913 Teil der Expedition von Robert Scott war - und zu den wenigen Überlebenden zählte. Während seines heroischen Aufenthalts stellte er akribische Beobachtungen über die mittelgroße Pinguinart an, die an ihrem schwarzen Kopf und dem Ring um die Augen erkennbar ist. 1915 vollendete er dann seine Studie, das mit Abstand beste Werk, das bis dahin über diese Tiere geschrieben wurde.

Doch was der Gentleman damals veröffentlichte, war nur eine zensierte Fassung. Wie man erst im Vorjahr herausfand, war Levick über das " perverse" Verhalten der Tiere einigermaßen entsetzt. Schon die Tagebucheintragungen, in denen es um das Sexualverhalten der Tiere ging, verfasste er auf Griechisch: In der alten Gelehrtensprache war da von autosexuellem Verhalten die Rede, von Homosexualität und vielen anderen Formen von Sex, die nicht auf Fortpflanzung ausgerichtet waren, wie sogar Nekrophilie.

Britische Pinguin-Pornografie

Levick war entsetzt, völlig unpubliziert blieb seine Pinguin-Pornografie aber auch nicht: Er ließ den kurzen Aufsatz Sexual Habits of the Adélie Penguin in einer Auflage von 100 Stück drucken und verteilte ihn an ausgewählte Experten. Dennoch geriet das Werk über die verhaltensauffälligen Pinguine in Vergessenheit, ehe ein Exemplar in einer Außenstelle des Natural History Museum of London wiederentdeckt und 2012 im Fachblatt Polar Record mit 97-jähriger Verspätung offiziell veröffentlicht wurde.

Im 21. Jahrhundert hat man sich von der Doppelmoral längst befreit: 2003 erschien im Fachjournal "Polar Biology" eine Studie, in der vor allem an Adeliepinguinen eruiert wurde, welche Druckverhältnisse entstehen, wenn die Tiere kacken. Das Ergebnis ist beeindruckend. Die Exkremente werden mit einem Druck von zerplatzenden Autoreifen freigesetzt - und landen oft mehr als 40 Zentimeter entfernt. Den Autoren hat das damals den Ig-Nobel-Preis für Flüssigkeitsdynamik eingetragen.

Pinguin-Cam

Sehr viel seriöser ist die neueste Verhaltensstudie über die Adeliepinguine, die von den japanischen Biologen Yuuki Watanabe und Akinori Takahashi (Staatliches Institut für Polarforschung) mit erheblichem technischem Aufwand durchgeführt wurde. Die Forscher statteten 14 Tiere mit kleinen Kameras und Beschleunigungsmessern aus. Damit konnten die Tiere jeweils 85 Minuten lang live bei der Jagd beobachtet werden. Einige der Videos gibt es hier.

Die Auswertung ergab, dass die Adeliepinguine extrem schnell und effizient jagen. Wenn sie auf einen Krill-Schwarm treffen, schnappen die Tiere von unten kommend bis zu zwei der Kleinkrebse in einer Sekunde, berichten die Forscher im Fachmagazin "PNAS". Die Fangrate schwankt allerdings: Bei einigen Tauchgängen fingen die Tiere wenig Beute, bei anderen hingegen erwischte ein Pinguin in gut einer Stunde fast 250 Kleinkrebse, ein anderer 33 Antarktisdorsche. (tasch, DER STANDARD, 23.01.2013)