Foto: Gerhard Wasserbauer

Entrische Lage, grandioser Koch: Klaus Curn im Kulissenrestaurant der Interspot Film in Wien- Liesing.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Im Industriegebiet des 23. Bezirks steht eine Fertigteil-Holzhütte, die ob vieler An- und Zubauten etwas aus den Fugen geraten ist. Innen geht es auf kuriose Art gemütlich zu, was dem Service geschuldet ist, aber auch der Einrichtung, die samt uralter Schank, gemauertem Holzherd (in Betrieb!) und Wirtshausbestuhlung aus diversen geschlossenen Gasthöfen des Umlands zusammengekauft wurde. Rudolf Klingohr, Fernsehproduzent, pflegt ganz offenbar eine Leidenschaft für das Wirtshaus. Die seltsame Hütte fungierte bis zum vergangenen November als Kulisse für die Kochshow mit Andi und Alex, wurde abseits der Aufzeichnungen aber schon seit längerem als eine Art Hobby-Wirtshaus geführt.

Im November zogen die brachialaustriakischen Witzköche in ein neues Studio, die Hütte wurde verpachtet. Und zwar an Klaus Curn, der das vergangene Jahrzehnt in seinem Gasthaus Kaiser im Piestingtal eine sehr individuelle Wirtshausküche kochte, die er mit Anklängen an entsprechende Traditionen in Oberitalien, Slowenien, auch Frankreich zu verbinden wusste. Dass es diese wunderbare Küche nun ausgerechnet im Industriegebiet von Wien-Liesing zu verkosten gibt, ist skurril, aber zumindest für die Angestellten der umliegenden Betriebe eine Frohbotschaft.

Klassiker der Wirtshauskultur

Mittags gibt es Menüs, die um sieben Euro etwa Schweinsbraten aus dem Holzofen mit sauren Rüben und unglaublich flaumigen Semmelknödeln bieten, aber auch einen viergängigen Businesslunch mit Herrlichkeiten wie Alpenlachs mit Kübelspeck und würzig eingelegtem Gurkengemüse, dann Markknödelsuppe, Entenbrust aus der Biozucht Sallmannshofer in Rohr am Gebirge mit Rübenstrudel und Orangensoufflé zum Nachtisch - um 19 Euro mehr als wohlfeil.

Abends geht es überhaupt zur Sache. Da serviert Curn etwa ein samtiges Leberparfait von der Rohrer Ente mit Rotkrautsalat, eingelegten Maronen und kurz marinierter Entenbrust. Oder ein zart geliertes Hendlsulz, das ganz wunderbar mit dem frischgebackenen, krachkrustigen Brot kontrastiert. Oder eine unheimlich dichte, winterlich würzige Maronicremesuppe mit einer hauchdünnen Scheibe knusprig gegrillter Salame piccante. Oder, weil von tollen Tieren wie diesen Enten wirklich alles verwertet werden soll, fantastische Entengrammelknödel mit Ingwerkarotten. Oder den besten Backfisch seit ganz langer Zeit, eine Schleie aus Gut Dornau von so zartem Biss und geschmacklicher Klarheit, dass schon der dazu servierte Erdäpfelsalat im Vergleich wie eine Derbheit wirken musste.

Das allein wären Gerichte, für die sich der Weg an die Peripherie lohnt. Wer auf Bruckfleisch, auf Beuschel, Krautfleisch oder ein wirklich schulmäßiges Gulasch steht, für den führt aber eh kein Weg an Curns neuer Wirkungsstätte vorbei: Diese Klassiker der Wirtshauskultur sind hier nämlich immer vorrätig - und in einer Qualität, wie man sie in der Innenstadt schon seit Jahren nicht mehr findet. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 25.1.2013)